Gunzenhausen: Schwammspinner-Raupen sind verhungert

25.10.2019, 06:20 Uhr
Gunzenhausen: Schwammspinner-Raupen sind verhungert

© Foto: Marianne Natalis

Wie ist die aktuelle Entwicklung, womit ist im kommenden Sommer zu rechnen, und wie kann sich die Stadt vorbereiten? Das waren die Fragen, die nicht nur die Stadträte beantwortet haben wollten, sondern auch die rund 50 Zuhörer, die in die Stadthalle gekommen waren. Sie alle vernahmen die Einschätzung von Dr. Hannes Lemme von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft mit Erleichterung.

Die Prognose des Biologen fußt auf der Untersuchung der mittleren Gelegezahl je Stamm bis zur Höhe von zwei Metern. Die lag vor zwei Jahren, als es zum ersten Kahlfraß kam, bei einem bis zehn Gelegen. Im vergangenen Jahr fanden sich im Herbst erschreckende zehn bis 100 Gelege auf dieser Fläche, und wer heute in den Burgstall geht, muss schon richtig suchen: Es sind unter einem Gelege pro Stamm, am Rand des Waldes, im Zentrum liegt die Gelegezahl bei unter 0,1. Und die Gelege sind sehr klein, denn die extreme Massenvermehrung führte letztendlich dazu, dass die Raupen verhungert sind.

Mit Blick auf das kommende Jahr sei das beruhigend, merkte Dr. Hans-Peter Neumann an, doch was heißt das für die Zukunft? Der Freistaat, zeigte sich das Mitglied der SPD-Fraktion überzeugt, müsse dafür sorgen, dass von seinem Wald keine Beeinträchtigung für die Anwohner ausgehe.

© Foto: Marianne Natalis

Dass das im vergangenen Jahr versäumt wurde, darauf wiesen noch einmal etliche Stadträte hin. So betonte Dr. Werner Winter (Freie Wähler) dass man die Raupen hätte besprühen müssen, das sahen auch Friedrich Ortner und Erwin Habermeyer (beide CSU) so. Seinem Ärger lautstark Luft machte dabei Harald Romanowski. Der Ortssprecher von Aha warf den Experten vor, dass sie in der Bürgerversammlung falsch beraten hätten und dass das Monitoring komplett versagt habe.

Zur Erinnerung: Im vergangenen Frühjahr waren im Burgstallwald unfassbar viele Schwammspinnerraupen geschlüpft und hatten diesen innerhalb weniger Tage kahlgefressen (wir berichteten mehrfach). Daraufhin strömten Millionen und Abermillionen der haarigen Tierchen in die umliegenden Gärten und machten sich dort nicht nur über alles her, was Blätter hatte, sondern auch den Bewohnern das Leben schier unerträglich. Durch das Eingreifen der Stadt wurde die Raupenflut schließlich eingedämmt.

Die Entscheidung, nicht zu behandeln, sei allein aus Forstschutzgründen gefallen, rief Harald Schiller in Erinnerung. Dass es zu so einer Abwanderung kommen würde, "damit haben wir nicht gerechnet", sagte der kommissarische Leiter der Staatsforsten Allersberg in der Stadthalle und fügte an: "Das tut uns auch leid!"

Auch Jürgen Stemmer, der Leiter des Gunzenhäuser Forstamts, war von der Entwicklung überrascht worden: "Ich habe so etwas noch nicht erlebt." Dementsprechend hätten die Experten auch nicht im Vorfeld handeln können. Sehr unglücklich war, dass sich die Situation über die Pfingstfeiertage so zugespitzt hatte – denn da waren viele verreist, auch Schiller und Stemmer. Zurück aus dem Urlaub, hätten sich das Forstamt und die Mitarbeiter der Staatsforsten sofort an den Gegenmaßnahmen beteiligt. Letztendlich habe es sich um eine "Naturkatastrophe", um "höhere Gewalt" gehandelt.

Schreckliche Szenen

Bürgermeister Karl-Heinz Fitz und den Stadträten war nun aber vor allem wichtig, wie verhindert werden kann, dass es noch einmal zu solchen schrecklichen Szenen rund um den Burgstall kommen kann. Es gehe hier schließlich auch um die Gesundheit der Anwohner, die physisch und psychisch beeinträchtigt worden seien.

Klar ist, dass die Situation im Burgstallwald im Auge behalten wird. In der Regel ereignen sich solche Massenvermehrungen zyklisch, in zehn bis zwölf Jahren müsse laut Lemme und Schiller wieder damit gerechnet werden. Solange die Gelegedichte niedrig ist, wird hier mit sogenannten Lockstofffallen gearbeitet. Wenn die Zahl der Schwammspinner steige, dann komme laut Lemme wieder die – sehr aufwändige – Gelegesuche zum Tragen. Zudem hat die Landesanstalt zwei Versuchsflächen im Burgstall.

Zur Kritik an den Prognosen erläuterte Lemme, dass hier Fehlerquoten einfach nicht auszuschließen seien. Es gebe, fügte Stemme an, einfach sehr viele Unwägbarkeiten. So seien die "Wirkmechanismen", die von Klima und Witterung ausgehen, noch sehr wenig bekannt. Er wies zudem darauf hin, dass zwar im kommenden Sommer im Burgstall nichts zu befürchten sei, der Schwammspinner im übrigen Landkreis aber weiter unterwegs sei. Wo hier mit Massenvermehrungen zu rechnen ist, dazu will das Forstamt im kommenden Jahr wieder eine Informationsveranstaltung durchführen.

Eine flächendeckende Besprühung der Wälder lehnen die Fachleute übrigens ab. "Wir behandeln nicht 30 000 bis 40 000 Hektar Wald", machte Lemme deutlich. Vielmehr wolle man "nur die Spitzen" bekämpfen. In den übrigen Bereichen setzen die Experten auf die Fressfeinde der Schwammspinner.

Nun soll, darüber waren sich alle einig, eine Art Notfallplan erstellt werden, um bei Bedarf rechtzeitig reagieren zu können. Dazu will sich Fitz im März nächsten Jahres mit den Forst-Vertretern zusammensetzen.

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