Unverständnis für "Lockdown light": "Man gibt sein Bestes und wird bestraft"

29.10.2020, 17:16 Uhr
Günther Neubauer von Adebar am Marktplatz in Gunzenhausen steht hier für eine ganze Branche: Die Gastronomen und Hoteliers können nicht nachvollziehen, warum die Regierung sie zu einer erneuten Schließung zwingt, obwohl die Hygienekonzepte greifen.

© Isabel-Marie Köppel Günther Neubauer von Adebar am Marktplatz in Gunzenhausen steht hier für eine ganze Branche: Die Gastronomen und Hoteliers können nicht nachvollziehen, warum die Regierung sie zu einer erneuten Schließung zwingt, obwohl die Hygienekonzepte greifen.

"Ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Wir haben Hygienekonzepte, achten auf Abstände und setzen alles um", sagt Betti Städtler. Sie betreibt den "Brandenburger Hof" in Weißenburg und ist beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) stellvertretende Vorsitzende für den Kreis Weißenburg-Gunzenhausen.

Sie findet diese Entscheidung nicht fair und sieht das Infektions-Problem eher im privaten Bereich, wie viele der jüngsten Corona-Fälle zeigten. Dort lasse sich nicht kontrollieren, wie viele Menschen sich tatsächlich treffen: "Ich denke, in der Gastronomie hat man ein besseres Auge darauf. Da habe ich einen Tisch, an den fünf Leute passen, und erst mit Abstand folgt der nächste."

Städtler befürchtet, dass nicht alle Wirte den zweiten Lockdown überleben. Ihr Biergarten im Sommer lief gut, außerdem erhalte sie viel Rückhalt von Stammgästen, und die Staatshilfen im Frühjahr hätten ihr geholfen. Während der Schließung bietet der "Brandenburger Hof" wieder Essen zum Mitnehmen. Zwar hofft Städtler, dass sie im Dezember wieder öffnen kann, doch sie rechnet damit, dass die Menschen weniger Essen gehen werden: "Die Angst bleibt im Kopf. Wir haben in den letzten Wochen schon gemerkt, dass die Leute wieder ängstlicher sind."

Geld für Investitionen und Renovierungen fehlt

Ina Giesa macht der "Rattenschwanz", den der zweite Lockdown wieder mit sich bringen wird, ebenfalls Sorgen; sie denkt an die Weihnachtsfeiern, die nicht stattfinden werden. Sie und ihr Mann Michael führen das Gasthaus "Zur Linde" in Unterwurmbach. Zwar müssten sie keine Pacht zahlen und werden wieder einen Abhol- und Lieferservice anbieten, dennoch fehle das Geld für Investitionen und Renovierungen, die immer anstehen.


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"Da gibt man sein Bestes, richtet alles ein und wird trotzdem bestraft", klagt die Wirtin, der es auch um ihr Personal leid tut. Die Köche werden weiterhin gebraucht, doch ihre Minijobber und Servicekräfte muss sie nach Hause schicken. "Da gehen nicht nur Existenzen kaputt, einzelne Menschen zerbrechen daran", sagt Giesa mit Blick auf die gesamte Situation.

Noch härter trifft es Bars und Kneipen, die nicht einfach Essen zum Mitnehmen anbieten können. In Günther Neubauers "Adebar" auf dem Gunzenhäuser Marktplatz gibt es zwar ein Mittagsmenü, doch für einen To-go-Betrieb ist die Location zu klein: "Das bisschen Essen, was wir machen... wir sind eine Bar." Neubauer will nun mit seinem Vermieter sprechen, ob er ihm entgegen kommen kann.

Länge des Lockdowns entscheidend

Auf weniger Kundschaft hatte er sich schon eingestellt, auch wenn er noch auf sein Außenkonzept mit Heizpilzen gesetzt hat. Doch die verlängerte Außengastronomie nützt ihm jetzt auch nichts mehr. Ansonsten hofft Neubauer auf einen Zuschuss vom Staat, „dann geht’s“. Im Frühjahr sei das Geld zwar nicht schnell gekommen, aber abgesehen davon habe es gut funktioniert und die zuständigen Mitarbeiter hätten bei Nachfragen immer freundlich reagiert. Allerdings komme es nun auch auf die Länge der Zwangsschließung an.

Auch Erika Wüst vom Gasthaus „Altes Rathaus“ am Marktplatz hat kein Verständnis für die Schließung der Gaststätten: „Hier werden die Hygienemaßnahmen sorgfältig eingehalten, darum ist es unverständlich die Gastronomen um ihre Existenz zu bringen.“ Die Stammgäste in ihrem Lokal bedauern den Verlust der wöchentlichen geselligen Zusammenkunft ebenfalls und hoffen, dass Wüst nach einem Monat ihre Gaststätte wieder öffnen darf.

Vier Generationen helfen im Gasthof Kleemann in Pfofeld mit, zu dem auch eine Metzgerei gehört. Wie genau die Familie jetzt mit dem zweiten Lockdown umgehen möchte, entscheiden sie am Sonntag. "Wir sind total überrumpelt", sagt Melanie Schröder, die Schwester von Marco Kleemann, der den Gasthof führt. "Es ist zwar ein begrenzter Lockdown, dennoch werden die Schäden hoch sein", glaubt sie.

Ein zweites Standbein hilft in Coronazeiten

Schröder versucht, positiv zu bleiben, auch wenn sie die Entscheidung nicht wirklich nachvollziehen kann: "Die Gastronomie ist mit den Hygienekonzepten eigentlich supergut aufgestellt. Es hat sich doch noch keiner nachweislich dort angesteckt. Für mich ist das der falsche Weg." Mit der Metzgerei hat die Familie Kleemann ein zweites Standbein. Diesen Vorteil haben viele Gastronomen nicht.


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"Es gibt nichts zu beschönigen. Für meine Mitarbeiter und mich ist es eine Katastrophe", macht Hotelier Klaus Horrolt vom Parkhotel Altmühltal deutlich. "Wir sind momentan gut gebucht. Am Montag müssen wir alle Gäste nach Hause schicken", bedauert er. Zudem findet er deutliche Wort den Politikern gegenüber: "Das alles ist unüberlegt und kurzfristig. Ich finde das unseriös. Man hätte sich darauf vorbereiten können. Die Zahlen waren zu erwarten. Das Hotel- und Gaststättengewerbe war nie der Versucher eines Hotspots, aber jetzt wird es auf dem Rücken der Branche ausgetragen."

Seine Mitarbeiter schickt Horrolt nun wieder in Kurzarbeit und vermutlich auch seine acht Auszubildenden, die er im Frühjahr noch verschonen konnte. Aktuell bearbeiten sie mehr Stornierungen als Buchungen, den Wellnessbereich müssen sie ebenfalls schließen. "Meine Kunden sind derart verunsichert, dass ich nicht weiß, ob ich im Dezember wieder aufmache", so der Hotelier. Er dürfte zwar noch Dienstreisende beherbergen, doch das sei für Horrolt bei fünf bis zehn Geschäftsleuten, die er im Schnitt hat, nicht wirtschaftlich. Denn um den Service für sie aufrecht zu erhalten, muss er vier bis fünf Angestellte beschäftigen.

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