Geschichte

Wie Treuchtlingens Veste und Schloss entstanden

4.1.2019, 06:15 Uhr
Die Treuchtlinger Burgruine ist ein Relikt, das von der Bedeutung Treuchtlingens im Mittelalter zeugt. 

© Limes-Luftbild/Rudi Beringer Die Treuchtlinger Burgruine ist ein Relikt, das von der Bedeutung Treuchtlingens im Mittelalter zeugt. 

Wer heutzutage von der „Treuchtlinger Burg“ spricht, denkt dabei am ehesten an die Ruine „Obere Veste“, die über der Stadt thront. Dabei hatte die Altmühlstadt im Laufe der Geschichte mehrere Anlagen, die die Bezeichnung „Burg“ verdienten, wie das von Kreisarchivpflegerin Siglinde Buchner im Selbstverlag herausgegebene Heft zeigt.

So gab es rund um den heutigen Brühl einst mehrere Wehranlagen: eine ovale, frühmittelalterliche Befes­tigung auf dem Burgstallberg aus den Jahren 500 bis 750, eine Wallanlage auf dem Weinberg aus der karolingisch-ottonischen Zeit zwischen 800 und 1000 sowie eine hochmittelalterliche Turmhügelburg etwas südlich des Burgstalls aus den Jahren 1050 bis 1250. Topografie und Keramikfunde halfen bei der Datierung.

Mit dem Bau der ersten Nürnberger Burg um das Jahr 1040 lag Treuchtlingen auf dem Verbindungsweg nach Augsburg und hatte damit an Bedeutung gewonnen. Diese manifestierte sich in zwei Burgen: der Oberen Veste, also der heutige Burgruine, sowie der Niederen Veste, an deren Stelle sich heute das Stadtschloss befindet.

Die Obere Veste wurde wohl Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet, es folgten im Laufe der nächsten 300 Jahre drei Brände mit Wiederaufbauphasen sowie Mitte des 14. Jahrhunderts eine völlige Umgestaltung der Burg, die 1340 erstmals urkundlich erwähnt wird. Die Niedere Veste hingegen entstand wohl um das Jahr 1320 als Kastellburg und ist für das Jahr 1346 erstmals verbrieft.

Doch warum brauchte der Ort, der damals nur aus einer kleinen Ansammlung von Häusern bestand, gleich zwei Burgen? Die Obere Veste und damit auch die dazugehörigen Ländereien waren im Besitz der Pappenheimer und wurden erst 1340 von den Brüdern Ulrich IV. und Wirich II. von Treuchtlingen gekauft. Ersterer hatte sich jedoch schon 1320 an der Altmühl die Kastellburg bauen lassen, in der er weiterhin wohnte, während sein Bruder auf die Höhenburg zog.

„Ulriche“ und „Wiriche“

An jede Burg war nun ungefähr die Hälfte der Anwesen – Bauernhöfe, Hofstätten, Fischgüter und Mühlen – gebunden, weshalb davon auszugehen ist, dass die Brüder eine Erbteilung durchführten. Ulrich VI., der Sohn Ulrichs IV., verkaufte seine Burg noch zu Lebzeiten an seinen Vetter Wirich III. und dessen Nachfahren. Die „Wiriche“ machten sich anschließend an die Arbeit, das 1400 vom Kaiser zum „Markt“ ernannte Treuchtlingen in einen solchen umzubauen.

Siglinde Buchner erzählt in ihrer Abhandlung anhand von Urkunden über die Burgbesitzer und ihre Schicksale. Dabei spielten die Familien von Treuchtlingen und von Mittelburg eine bedeutende Rolle. So starb Burgherr Wirich IV. von Treuchtlingen 1422 als Letzter seines Stammes kinderlos. Seine Witwe Beatrix von Hallburg (geb. Zollner) heiratete daraufhin Ulrich von Mittelburg, der den Namenszusatz „von Treuchtlingen“ annahm, und brachte die Burgen und die Herrschaft Treuchtlingen als Erbschaft mit in die Ehe ein.

Die Herren von Treuchtlingen sind schon seit dem 13. Jahrhundert im heutigen Stadtgebiet nachweisbar. Doch wo das Adelsgeschlecht von Mittelburg herkommt, ist nicht zweifelsfrei geklärt. So beleuchtet Buchner auch die zahlreichen Theorien zum ehemaligen Standort der Mittelburg.

Häufig wechselnde Besitzer

Die Ehe von Beatrix und Ulrich endete bereits nach gut drei Jahren durch den Tod Ulrichs von Treuchtlingen, genannt von Mittelburg. Die Herrschaft ging an die Herren von Seckendorff sowie an die Schenk von Geyern und landete nach weiteren Todes- und Erbfällen bei Hans von Seckendorff-Jochsberg, der die Niedere Veste und damit den halben Markt Treuchtlingen an Heinrich Marschall von Pappenheim verkaufte.

Auch die Obere Veste verkaufte die Familie von Geyern schließlich, 1453 wird sie erstmals als Lehen des Markgrafen von Ansbach-Brandenburg erwähnt. Der Name „von Treuchtlingen“ indes ging an Ulrich von Mittelburgs Neffen Erkinger V. weiter, der als Letzter seiner Familie im Jahr 1500 starb (seine Schwestern Margarethe und Ursula von Treuchtlingen trugen fortan den Namen ihrer Ehemänner).

Schon davor war das Ende der Burgen besiegelt. Die Obere Veste wurde 1470 aufgelassen, die Niedere Veste an der Altmühl 1495 durch einen Brand zerstört. An dessen Stelle ließ 80 Jahre später Veit Marschall von Pappenheim das heutige Schloss erbauen. Damals floss die Altmühl noch an dem Anwesen vorbei, ebenso wie an den Häusern der Fischer am Rand des Marktes, wo sich heute die Fischergasse befindet.

Kreisarchivpflegerin Buchner wirft in ihrem detailgenauen Werk auch einen Blick auf die Gesellschaftsordnung des Mittelalters. So gab es etwa Edelfreie, Ritter und Edelknechte, deren Besitz „freieigenes Gut“ sein konnte, für das keine Abgaben bezahlt werden mussten, oder „Lehensgut“, für das der Besitzer Dienste und Abgaben leisten musste.

Neue Forschungsmöglichkeiten

Bei ihrer Recherche ergaben sich für Buchner neue Forschungsmöglichkeiten durch das Internet. Denn immer mehr Archive veröffentlichen ihre Urkundenbestände. Darin fanden sich auch „überraschende Erkenntnisse“ über die Treuchtlinger Ortsadeligen, so die Archivpflegerin, die ihr Heft mit zahlreichen Fotos von Burgen und Ruinen illustriert hat.

Die Veröffentlichung richtet sich vor allem an geschichtsinteressierte Menschen und ist mit einem umfangreichen Quellenverzeichnis, Originalzitaten und Erläuterungen nicht mehr gebräuchlicher Begriffe versehen. Sie gliedert sich in einen Teil mit durchgehendem Text und eine Regestensammlung (chronologische Auflistung zum Inhalt relevanter Urkunden) der Familie von Treuchtlingen.

Das Heft „Treuchtlinger Ortsadelige und ihre Burgen bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts“ ist in der Buchhandlung Korn in Treuchtlingen erhältlich.

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