Aischgrund: Trotz Corona sind alle Karpfen verkauft

7.5.2020, 06:00 Uhr
Aischgrund: Trotz Corona sind alle Karpfen verkauft

© Foto: Christian Enz

Der Kalender zeigt den 1. Mai. und auf dem Schreibtisch liegt das Fischmagazin. Dahinter sitzt Walter Jakob, Vorsitzender der Teichgenossenschaft Aischgrund. Er wirkt entspannt. Eigentlich kein Wunder, immerhin ist die arbeitsreiche Karpfensaison gerade zu Ende gegangen. Trotzdem wäre eine andere Gemütslage zu erwarten gewesen, immerhin grassierte vor Wochen pure Existenzangst unter den Karpfenzüchtern der Region. "Tatsächlich berichtet das monatlich erscheinende Fischmagazin von einem starken Karpfenüberhang", erzählt Jakob.

Für den Laien keine spektakuläre Nachricht, für die Teichwirtschaft kann dies aber schnell eine Katastrophe bedeuten. "Karpfenfleisch altert nicht", erklärt der TG-Vorsitzende. Deshalb, so Jakob, könnte man die für den Verzehr in diesem Jahr erzeugten Karpfen auch in der Saison 2020/21 noch auf den Teller bringen. "Bis dahin müssten die Fische aber zurück in den Weiher. Damit würde dann Platz für die Nachzucht fehlen." Es wären nicht nur das Ostergeschäft 2020, sondern auch die Erträge der kommenden Karpfenjahre in Gefahr gewesen.

Eingebrochen ist der Karpfenabsatz, weil auf Grund der Corona-Pandemie alle gastronomischen Betriebe geschlossen wurden. "Die letzten Bestellungen kamen am 14. März, dann war auf einen Schlag Schluss", erinnert sich Marianne Jakob. "Bei den Gastronomen ist eine Schockstarre eingetreten." Und gerade die traditionsreichen Karpfenküchen machen den Großteil der Abnehmer aus. "Betriebe mit eigenen Weihern haben sogar schon begonnen, Karpfen aus den Hälterungen zurückzusetzen", weiß Walter Jakob.

Doch dann kam alles ganz anders. In kürzester Zeit gab das Bayerische Landwirtschaftsministerium EU-Mittel aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds für ein Kommunikationspaket frei. "Gleichzeitig hat die Gastronomie eine alte Tradition wieder für sich entdeckt", ergänzt Marianne Jakob. "Den Verkauf von Karpfen über die Straße." Der, so erinnert sich die Mühlhausenerin, war in meiner Kindheit die Regel. "Einfach mal Essen gehen konnte sich niemand leisten. Aber nach Hause hat man Karpfen schon öfters geholt."

"Dann hat sich gezeigt, dass wir im Aischgrund ein wunderbares Netzwerk haben", freut sich Walter Jakob. Mit dem Geld aus Brüssel setzten Karpfenland Aischgrund und die Teichgenossenschaft eine Werbekampagne auf die Schiene. "Gleichzeitig begann die Gastronomie, flächendeckend Karpfen to go anzubieten", ist Walter Jakob begeistert. Auch wenn er mit dem neu-deutschen Begriff noch so seine Schwierigkeiten hat. "Am wichtigsten ist aber, dass auch die Menschen in der Region zu uns gehalten haben." Das haben sie wirklich, wie Marianne Jakob bestätigt. "Wir verkaufen jedes Jahr zu Karfreitag selbst Karpfen über die Straße", betont die Fisch-Fachhändlerin. "Dieses Jahr war die Nachfrage so hoch, wir mussten auch abends anbieten und waren beide male ausverkauft."

Dies deckt sich mit den Erfahrungen der Teichgenossenschaft. "Wir wissen, dass einige Gasthöfe über Ostern mehr Karpfen verkaufen konnten, als in normalen Jahren." Ein außergewöhnlicher Erfolg, denn in Unterfranken oder der Oberpfalz müssen Karpfen-Produzenten aktuell tatsächlich mit einem großen Überhang kämpfen. "Dies zeigt, wie groß der Zusammenhang in unserer Region ist. Es wird aber auch deutlich, dass die Menschen das hochwertig produzierte Produkt Original Aischgründer zu schätzen wissen."

Damit hat die Karpfensaison 2019/20 für die Teichwirte ein versöhnliches Ende genommen. "Eine Verlängerung der Saison in den Mai ist nicht möglich. Alle Bestände des Original Aischgründers sind abverkauft", fasst Walter Jakob zusammen. "Insgesamt blicken wir auf eine zufriedenstellende Saison zurück."

Bei aller Erleichterung, in Euphorie will der Chef der Teichgenossenschaft nicht ausbrechen. "Denn wir hatten schon vor Corona unsere Sorgen", betont Jakob – und verweist auf das Gaststättensterben. "Immer mehr Betriebe geben auf. Entweder weil es sich nicht mehr rentiert oder es keinen Nachfolger gibt", stellt Jakob fest. Von der oft zugesagten Unterstützung durch die Politik sei dagegen immer noch nichts zu spüren. "Dagegen wird die Bürokratie immer schlimmer."

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