Trotz Protest: Stadtrat schickt Südumgehung auf den Weg
9.2.2018, 16:58 UhrFlächenvernichtung für eine "Werkszufahrt" für Schaeffler, Naturzerstörung durch "Monsterbrücken", Schädigung der Landwirtschaft. Oder: notwendige Infrastrukturmaßnahme für den Wirtschaftsstandort Herzogenaurach, neuer Kanal für den inzwischen auf über 18 000 Menschen täglich angewachsenen Pendlerstrom, längst überfällige Entlastung der Bewohner Niederndorfs. Das sind die Pole im Diskurs um diese Straße, über die schon seit den 70er Jahren nachgedacht wird und die als weiträumige Umgehung seit 2012 im Planungsverfahren steht.
Die Pole schälten sich natürlich vor dieser wichtigen Entscheidung wieder deutlich heraus aus der politischen Landkarte. Es gab eine angekündigte Fragestunde. Die Initiative "Herzo Süd bewahren" bekam auf ihre entsprechenden Fragen zur Antwort, dass alle Fachgutachten zu den Trassen vorliegen und den Stadträten sowohl zugänglich gemacht als auch erläutert wurden. Die Untersuchungsergebnisse sind, so Bürgermeister German Hacker, veröffentlicht. Die Aufträge an die Gutachter waren auch in öffentliche Sitzungen des Planungsausschusses erteilt worden.
Appell verlesen
Christian von Reitzenstein verlas namens der Initiative einen Appell an die Stadträte, dieses "rückwärtsgewandte" Projekt noch einmal zu überdenken — und erntete bei der Behauptung, die Straße sei "für Landwirte existenzbedrohend", heftigen Widerspruch von German Hacker: Es gehe um einen Landwirt, mit dem die Stadt längst im Gespräch sei. Von Existenzbedrohung könne keine Rede sein..
Mit Transparenten gegen Naturzerstörung, Flächenfraß und Bedrohung der Landwirtschaft versammelten sich gut 30 Vertreter der Interessengemeinschaft "Igel" vor Sitzungsbeginn im Schlosshof zur Demonstration gegen die geplante Straße. CSU-Stadtrat Konrad Körner stellte sich der Diskussion, bevor die Sitzung mit etwas Verspätung begann: Dem Zuhörer-Andrang musste man erst einmal Herr werden.
Plenum und Zuhörer bekamen die Ergebnisse der Fach-Gutachten präsentiert, die für die Planfeststellung nötig sind: die naturschutzrechtlichen Untersuchungen, die Berechnungen zum Immissionsschutz und das Gutachten über den Baugrund.
Jaqueline Donner vom Planungsbüro Grassl und Silke Stadter vom Stadtbauamt schilderten eingangs, wie die "Vorzugstrasse", also die weiträumige Umfahrung, von den ersten Plänen bis zum Antrag auf Planfeststellung geändert worden ist. Demnach hat das Projekt auch Zuwachs bekommen: Zwei Knotenpunkte bei Vach an der "Pfaffenhecke", also auf Fürther Stadtgebiet, müssen zusätzlich ausgebaut werden, die eine Kreuzung zum Kreisverkehr, die andere zur Ampelkreuzung.
Die eigentliche Trasse, 5,1 Kilometer lang, mit 15 Bauwerken, darunter drei Großbrücken über 100 Metern Länge und eine mit 50 Metern braucht laut Donner doch keine Stützmauer im Abschnitt an der Galgenhofer Straße, auch keine dritte Spur mehr bergauf.
Der Einschnitt in den Hang könne schmaler ausfallen, der Übergang übers Aurachtal Richtung Neuseser Knoten konnte mit einer kurzen Brücke, einem Damm und einem Rahmen-Durchlass weniger monumental gestaltet werden als die ursprünglich angedachte Großbrücke.
Alle Übergänge über die alte Bahntrasse müssen freilich 5,7 Meter lichte Höhe lassen für eine mögliche Elektrifizierung und Wiederbelebung der Bahnstrecke in ferner Zukunft.
Diese Höhe gibt laut Donner auch den Ausschlag, warum eine Straße im Tal bei der Vergleichsuntersuchung schlechter wegkomme als die weiträumige "Bergstrecke": Man müsste sie auf einem Damm führen und große Schleifen bauen um die Kreuzungen in 5,7 Meter Höhe zu erreichen. Und kürzer sei die Strecke auch nicht — den Ostteil mitgerechnet.
Die Vorzugstrasse greift in Großröhrichte ein, zwingt zur Umsiedlung der Zauneidechsen, unterbricht die Wanderwege von Laubfrosch, Erdkröte und Kammmolch von den Winter-Weihern zum Sommerwohnsitz Wald. Sie kostet alte Höhlenbäume, Lebensraum für Fledermäuse oder den streng geschützten Mittelspecht. Feldlerche, Neuntöter und Rebhuhn werden eingeschränkt, Bekassine und Braunkehlchen brauchen Ersatz-Lebensraum.
So schilderte Naturschutz-Gutachter Klaus Albrecht die Konflikte der Straße mit der Lebewesen in Feuchtgebieten, Wald oder offener Flur. Doch, so Albrecht, man könne dem abhelfen, die unterbrochenen Lebensräume neu vernetzen — mit insgesamt 10,5 Hektar Ersatzflächen. Ihr Öko-Konto bringe die Stadt nicht ins Minus. Geologisch trifft der Straßenbau auf "sehr angenehme Verhältnisse", bilanzierte Gutachter Andreas Herold.
In der Debatte nannte German Hacker Zahlen zum Flächenverbrauch. Für die Baustelle seien 25 Hektar nötig, richtig versiegelt würden 5,8 Hektar, der Landwirtschaft entzogen 13,2.
Nachdem die CSU auf Bernhard Schwabs Nachfrage versichert bekommen hatte, dass alle landwirtschaftlichen Flächen nach dem Straßenbau erreichbar bleiben, bekundeten er und auch Kurt Zollhöfer Zustimmung: Man habe, so Zollhöfer, fünf Jahre lang gewiss sorgfältig genug abgewogen und entscheide verantwortungsbewusst.
So auch die SPD. Curd Blank sprach ebenfalls von einer Entscheidung nach sorgfältiger Abwägung.
Gegen "Monstertrasse"
Für die FreienWähler bleibe es eine "Monstertrasse", so Manfred Welker. Sie lehnten sie ab wegen des zu großen Flächenverbrauchs.
Man könne es schönreden, wie man wolle, so Retta Müller-Schimmel für die Grünen, das Projekt sei ein zu massiver Eingriff. Die Grünen distanzierten sich von dem Projekt, das Peter Maier auch noch als künftig überflüssig wertete. Müller-Schimmel: "Wir wollen auch Grenzen aufzeigen, bevor sie uns gesetzt werden".
Außer Manfred Welker (FW), Georgios Halkias, Retta Müller-Schimmer und Peter Maier (Grüne) stimmte auch der Hauptendorfer Bernd Wilfer (SPD) gegen den Start in die Planfeststellung.
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