Nach dem Lockdown: Kommen bald die Corona-Babys?

2.11.2020, 17:01 Uhr
Infolge der Corona-Pandemie haben viele Paare mehr Zeit für Zweisamkeit. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) rechnet dennoch höchstens mit einer leichten Zunahme bei den Geburtenzahlen.

© Julian Stratenschulte/dpa Infolge der Corona-Pandemie haben viele Paare mehr Zeit für Zweisamkeit. Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) rechnet dennoch höchstens mit einer leichten Zunahme bei den Geburtenzahlen.

Das St.-Theresien-Krankenhaus verzeichnet laut Sprecherin Anja Müller derzeit einen deutlichen Anstieg bei den Geburtenzahlen. Während im vergangenen Jahr etwa 800 Kinder an der Mommsenstraße das Licht der Welt erblickt haben, dürften es bis Jahresende 2020 Schätzungen zufolge 100 Neugeborene mehr sein. Einen Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kann Müller jedoch weder bestätigen noch dementieren.

Die steigenden Geburtenzahlen im St.-Theresien-Krankenhaus führt die Sprecherin eher auf ein spezielles Angebot zurück. Anders als in zahlreichen anderen Kliniken, konnten Väter dort trotz des nahezu vollständigen Besuchsverbotes ganz normal bei den Geburten dabei sein.

Laut Müller ist das St.-Theresien-Krankenhaus eines der wenigen Krankenhäuser, bei denen Väter in Corona-Zeiten gleich mehrere Stunden ihre Frauen und Kinder auf der Wochenbettstation besuchen können oder gleich im Familienzimmer vor Ort bleiben dürfen. "Das ist nicht selbstverständlich", betont die Krankenhaus-Sprecherin und dankt den Hebammen für ihr ausgefeiltes Hygiene-Konzept.

Nur geringfügig höher

Das Klinikum Hallerwiese zählt zu den größten Geburtskliniken in Deutschland. Chefarzt Franz Kainer rechnet nicht mit einem Corona-Baby-Boom ab Dezember: "Die Geburtenzahlen sind bis jetzt gering höher als im Vorjahr, aber es ist nicht dramatisch. Einen Baby-Boom erwarte ich nicht."

Zwar ließen sich die Geburtenzahlen nie sicher vorhersehen. "Wir sind dennoch immer darauf vorbereitet, wenn es einmal etwas mehr Geburten gibt", sagt der Professor. Darüber hinaus gibt er zu bedenken, dass der erste Lockdown für viele "eine absolute Stresssituation" war: "Viele Menschen hatten Existenzängste oder haben ihren Job verloren. Das ist keine gute Ausgangsbasis, um an Familienplanung zu denken."

Schwer vorherzusagen

Auch das Klinikum Nürnberg tut sich schwer mit Prognosen. "Aufgrund natürlicher Schwankungen, die für uns nicht immer nachvollziehbar sind, haben wir monatlich zum Teil zehn Prozent mehr oder weniger Geburten als im Vorjahresvergleich“, teilt das Klinikum mit. Folglich sei es aus heutiger Sicht schwer vorauszusagen, ob es einen Corona-bedingten Geburtenboom gibt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete das Klinikum einen schwachen August und einen geburtenstarken September. Der Oktober ließ sich demnach eher durchschnittlich an.

Steigen die Geburtenzahlen vielleicht später deutlich an? Bei der Beratungsstelle Zentrum Kobergerstraße, die Schwangere und frisch gebackene Eltern unterstützt, deutet zumindest nichts darauf hin. Die Nachfrage sei zu Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr kurzzeitig sogar deutlich zurückgegangen, wie Leiterin Barbara Schuster erklärt. Offensichtlich befanden sich viele werdende Eltern in einer Art Schockstarre und wussten nicht, dass sie sich weiter an die Experten hätten wenden können.

Besser als gedacht

Die Situation hat sich jedoch bald wieder normalisiert. Zurzeit kann die Chefin aber keine außergewöhnliche Entwicklung bei der Zahl der Beratungsgespräche feststellen, die aufgrund der äußeren Umstände zu einem großen großteils telefonisch geführt werden. Zu Erstgesprächen versuchen Schuster und ihr Team nach wie vor in die Kobergerstraße 79 einzuladen.

"Es läuft besser, als man denkt", sagt Barbara Schuster mit Blick auf die turbulenten vergangenen Monate. Und selbst wenn die Ausgehbeschränkungen noch einmal deutlich verschärft werden sollten, betont sie, dass das Zentrum telefonisch oder per E-Mail immer erreichbar sei – nicht nur bei Fragen zu Themen vor und nach der Geburt, sondern auch bei depressiven Verstimmungen oder Konflikten.

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