Entsetzen über Ermittlungsergebnisse
Nach Tod einer Zehnjährigen in Wunsiedel: Was geschieht, wenn Kinder zu Tätern werden?
05.09.2023, 15:22 UhrIm Frühjahr töteten zwei Mädchen eine Zwölfjährige mit zahlreichen Messerstichen in einem Waldstück. Die Täterinnen waren zu diesem Zeitpunkt zwölf und 13 Jahre alt. Der Fall sorgte weit über den beschaulichen Ort Freudenstadt in Nordrhein-Westfalen hinaus für Aufsehen. Kondolierende brachten ihre Fassungslosigkeit und Trauer zum Ausdruck, Medien in ganz Deutschland berichteten über den Fall. Viele stellten sich damals die Frage: Warum werden Kinder zu Gewaltverbrechern?
Allgemein sei die Frage, warum Kinder zu Mördern werden, bislang nicht ausreichend erforscht, erklärte damals Christian Pfeiffer, Kriminologe und ehemaliger Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen unter anderem gegenüber "Focus-Online". "Solche grausamen Gewalttaten kommen nicht aus dem Nichts. Sie haben eine Vorgeschichte". Tiefsitzende Gefühle wie Wut, Hass und das Spüren von Ohnmacht seien wichtige Faktoren.

Wenige Monate später ist die Thematik wieder hochaktuell: Im April erschütterte der Tod eines zehn Jahre alten Mädchens in einem Kinderheim in Wunsiedel die Region. Wie nun bekannt wurde, soll ein elf Jahre alter Junge, der ebenfalls in dem Heim wohnte, das Kind stranguliert haben. Angeklagt ist nun allerdings ein 25 Jahre alter Mann. Er soll das Mädchen kurz zuvor in dem Kinderheim vergewaltigt, mit der Tötung allerdings nichts zu tun haben. Vielmehr ergaben die Ermittlungen, dass es zum Streit zwischen den Kindern gekommen sei. Dieser habe dann zur Strangulation der Zehnjährigen geführt.
Details kommen nicht an die Öffentlichkeit
Der Elfjährige kann nicht angeklagt werden. Kinder, die jünger als 14 Jahre sind, gelten grundsätzlich als schuldunfähig, so steht es im Strafgesetzbuch. Das gilt auch bei so schweren Verbrechen wie Mord oder Totschlag. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, entscheiden die Behörden je nach Einzelfall über das weitere Vorgehen.
Die Jugendämter können zum Beispiel darüber entscheiden, ob Kinder in ihren Familien bleiben und ambulante Hilfe bekommen oder in einer Pflegefamilie untergebracht werden. Psychiatrische Behandlungen oder die Unterbringung in verschiedenen Einrichtungen können ebenfalls nächste Schritte sein. Die Details zur Tat und zu den weiteren Maßnahmen bleiben der Öffentlichkeit zum Großteil verborgen, um die Persönlichkeitsrechte von Kindern und Jugendlichen zu schützen.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt deutlich: Schwere Verbrechen wie Mord oder Totschlag kommen bei einer so jungen Altersgruppe extrem selten vor. Demnach gab es 2021 19 Verdachtsfälle von Mord oder Totschlag durch Kinder. 2020 und 2019 waren es elf. Insgesamt ist die Zahl der Gewaltkriminalität unter Kindern und Jugendlichen rückläufig.
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