Feuerwehr auf der A7: Immer mit dem Schlimmsten rechnen

23.1.2021, 06:00 Uhr
Feuerwehr auf der A7: Immer mit dem Schlimmsten rechnen

© Foto: News5/Weddig

Ein Feuerwehralarm ist immer mit Ungewissheit verbunden. Wie schwer ist das Geschehen wirklich? Wie groß ist das menschliche Leid am Einsatzort? In welche Gefahren muss ich mich dort als Feuerwehrmann begeben? Auf der Autobahn, wo mehr Fahrzeuge unterwegs und die Geschwindigkeiten höher sind, bekommen solche Fragen noch mehr Brisanz. Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Burgbernheim müssen sie sich häufiger stellen, als viele andere Kollegen. Sie betreuen seit 1986 zwei Bereiche der A7.


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Zunächst könnte man glauben, die längere Anfahrt zum Ort des Geschehens auf der Autobahn würde für besondere Anspannung bei den Wehrmännern und -frauen sorgen. Für Kommandant Marco Schrödl ist dieser Faktor Zeit aber sogar positiv. "Man kann sich im Wagen richtig konzentrieren", sagt er.

Etwa 5,5 Kilometer Strecke sind es vom Feuerwehrhaus bis zu den Autobahnauffahrten der Anschlussstelle Bad Windsheim zwischen Steinach/Ens und Endsee. Dann sind es noch einmal bis zu acht Kilometer in Richtung Uffenheim bis Langensteinach oder neun Kilometer bis Rothenburg. Das gibt Raum, den Einsatz vorzubesprechen. Bei einem Brand direkt in der Stadt bleibe diese Zeit nicht.

Aber Routine gebe es bei der Feuerwehr nicht, betont Schrödl. "Jeder Einsatz ist anders." Das beginnt auf der A7 schon damit, dass nicht unbedingt klar sein muss, ob der Verkehr noch rollt – was alles komplizierter macht – oder ob es schon einen totalen Stau gibt. Es könne durchaus vorkommen, dass die Feuerwehr als erstes am Unfallort ist. "Das wechselt, mal wir, mal ist die Polizei zuerst da. Mal der Rettungsdienst. Nur wenn ein Hubschrauber angefordert wird, dann ist der immer zuerst da."

Die typischen Einsätze auf der A7 drehen sich um das Löschen von Fahrzeugbränden, Technische Hilfeleistung bei Unfällen – inklusiver umgekippter Fahrzeuge – sowie das Sichern von ausgelaufenen Betriebsstoffen, zählt Schrödl auf. Ein ganz wichtiger Job der Feuerwehr sind dabei auch immer zunächst die nötigen Absperrmaßnahmen für den Verkehr. Im Grunde ist es gut, sagt Schrödl, wenn die Unglücksstelle nicht mehr passierbar ist. Dann ruht der übrige Verkehr.

Feuerwehr auf der A7: Immer mit dem Schlimmsten rechnen

© Foto: Privat

Ist dies nicht der Fall, kommt auf jeden Fall der Verkehrssicherungsanhänger (VSA) zum Einsatz. Über den verfügen im Landkreis nur die Burgbernheimer und die Uffenheimer, die für das gegenüberliegende Teilstück der A7 zwischen Langensteinach und der Ausfahrt Bad Windsheim zuständig sind. Dies ist nahezu die einzige Sonderausstattung für die Autobahn-Feuerwehr, sagt Schrödl. Dazu gibt es noch spezielle Chemieschutzanzüge. Zur Verfügung gestellt vom Landkreis. Verkehrsleitkegel, Warnschilder, Leuchten, Winkerkellen – diese und andere Ausrüstung zum Absperren von Fahrbahnen und zur Verkehrsregelung liegen auf dem VSA bereit. Schrödl: "Im Prinzip ähnlich wie bei der Autobahnmeisterei."

Kernstück der Einheit ist eine riesige Warneinrichtung, die mit beleuchteten Pfeilen den Verkehr auf eine Spur umleitet und auf die Gefahrenstelle schon aus großer Entfernung hinweist. Kommt die zum Einsatz, um eine Spur abzusperren, wird es heikel, sagt Schrödl. Zwei Mann bedienen die Einheit. "Die stellen den Anhänger an der vorgesehenen Stelle ab – und dann heißt es: runter von der Fahrbahn!" Es gebe immer wieder Fälle, wo Verkehrsteilnehmer diese Hinweise zu spät sehen und in den Wagen reinknallen.

Den Burgbernheimern sei das noch nicht passiert. Abgefahrene Außenspiegel kämen allerdings immer wieder mal vor. Stichwort: Rettungsgasse. Trotz mancher Probleme funktioniere das Freihalten der Rettungsgasse im Bereich der Burgbernheimer Wehr aber ziemlich gut, sagt Schrödl. Er führe das allerdings darauf zurück, dass die A7 bei uns in der Region eine verhältnismäßig verkehrsarme Autobahn ist. Im Durchschnitt täglich rund 40.000 Fahrzeuge sind es trotzdem, wie der für die Strecke zuständige Rothenburger Polizeichef Stefan Schuster erklärt.

Feuerwehr auf der A7: Immer mit dem Schlimmsten rechnen

© Foto: Bastian Lauer

Dennoch: "Wir haben automatisch mehr Einsätze wegen der Autobahn wie andere Wehren." Von 56 Einsätzen der Burgbernheimer 2020 bis kurz vor Weihnachten waren zehn auf der A7, berichtet Rainer Weiskirchen, Pressesprecher der Landkreisfeuerwehren. Als übermäßige Belastung empfindet Kommandant Schrödl das aber eigentlich nicht.

Die Burgbernheimer Wehr verfügt über etwa 60 Aktive, die zum Großteil die entsprechenden Lehrgänge für die Technische Hilfeleistung auf der Autobahn absolviert haben. Bei einem A7-Einsatz sollen immer alle vier Fahrzeuge ausrücken, für 26 bis 30 Leute wäre theoretisch Platz. Allerdings ist die Zahl der Leute auch etwas abhängig vom "Stichwort", also die Art des Einsatzes, den die Rettungsleitstelle in Ansbach vorgibt. Entsprechend werden Personal und Ausrüstung von den umliegenden Feuerwehren angefordert, ganz normal wie bei anderen Einsätzen auch.

Auf der Autobahn kommt der Leitstelle aber eine besondere Rolle zu. Denn je nachdem, welche Fahrbahnrichtung betroffen ist, ist eine andere Feuerwehr zuständig. Passieren da Fehler, wird es bitter. Das komme durchaus vor, sagt Schrödl. Im Notfall bleibe nichts anderes übrig, als anzuhalten und die Mittelleitplanke zu überqueren. Auch das ist natürlich sehr gefährlich.

Baustellen als Problem

Ein Problem können auch Baustellen darstellen. Bei Zwischenfällen in solch engen Bereichen geht meist gar nichts mehr. Dann wird es für die Retter kompliziert, den Ort des Geschehens zu erreichen. Dafür gebe es ein paar Tricks, erklärt Schrödl: Sonderzufahrten für Rettungskräfte. Um aber den Ort zu finden, müssen die Angaben der Leitstelle präzise sein. "Da liegt es auch an der Qualität vom Notruf, da können 100 Meter schon entscheidend sein", betont Schrödl. Bei Unfällen in Baustellenbereichen werden deshalb meist auch die Kollegen von Gegenüber alarmiert und queren notfalls die Mittelleitplanke.

Seit 1991 ist Marco Schrödl bei der Feuerwehr. Der Örtliche Einsatzleiter weiß: Trotz der vielen Erfahrungen, trotz des eingespielten Teams, trotz der relativ langen Anfahrt – auf der Autobahn muss man bei jedem Einsatz mit dem Schlimmsten rechnen. "Wenn wir wissen, dass Personen betroffen sind, und dann vor allem Kinder, ist es immer schwierig."

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