Betriebsschließungen bereiten Bürgermeister Sorgen

04.08.2019, 17:50 Uhr
Betriebsschließungen bereiten Bürgermeister Sorgen

© Harald Munzinger

Erster Bürgermeister Klaus Meier - von der Schließung einer Traditionsbäckerei und einem Café, das nicht nur ein Kapitel Stadtgeschichte schrieb, mit dem Schild im Scheufenster überrascht - bedauerte im NN-Online-Gespräch die aktuelle Entwicklung und versicherte, dass man im Rathaus bei jedem Leerstand intensiv um eine schnelle neue Nutzung der Immobilie bemüht sei. Aktuell sei man für die Nachfolge des Drogeriemarktes mit Interessenten im Gespräch, ein Erfolg aber mangels Parkplätzen oder ausreichender Betriebsfläche bisher versagt gewesen. „Wir bleiben weiter dran“, so der Bürgermeister zuversichtlich, eine Lösung zu finden. Schließlich seien bisher freiwerdende Geschäftsräume immer wieder schnell besetzt worden.

Die Stadt wird in diesen Bemühungen von der Immobilienmaklerin Anita Suffa unterstützt, die sich um eine Nachfolge für den Drogeriemarkt in der Wilhelmstraße keine allzu großen Sorgen macht, da hier der Immobilienbesitzer gegenüber allen neuen Nutzungen gegebenenfalls auch mit Umbaumaßnahmen offen sei. Ungleich schwerer tue man sich, wenn dies nicht der Fall sei. Eine Lösung zeichnet sich für ein schon länger verwaistes ehemaliges Bäckerei-Café am Plärrer ab, in dem zwei junge Unternehmer an der Einrichtung eines Burger-Restaurant mit gehobenem Niveau Interesse haben.

Stundenlang durch Fußgängerzonen

Kein Verständnis hat Suffa, die schon wiederholt mit der neuen Nutzung von Geschäftsräumen erfolgreich war, für die Begründungen fehlender Parkplätze, scheuten die Leute doch auch nicht davor zurück, in größeren Städten stundenlang durch Fußgängerzonen zu laufen. Um das Überleben der Innenstadt kämpften auch andere Kommunen, so Anita Suffa mit dem Plädoyer, offen für neue Ideen zu sein und an deren Verwirklichung aktiv mitzuwirken. Als ein Beispiel dafür, „Einkaufsmöglichkeiten für Menschen in kleineren Städten/ Kommunen schaffen, die bekanntlich auszubluten drohen und „Leerständen“ vorbeugen“ war erst kürzlich das „Kreislaufkaufhaus“ der „LauferMühle“ in Neustadt dem Rotary-Club präsentiert worden.

Das Parkplatzproblem ist für den „Brothaus“-Marketingleiter Tony Müller nur einer der Gründe, die Filiale in der Bamberger Straße zu schließen, die in der einstigen Bäckerei Bräuninger (ehemals Beyer) mit Café eingerichtet war. Maßgeblich sei das veränderte Kaufverhalten mit dem Verlust der Treue zum Fachgeschäft über Generationen. Es habe sich eine Gesellschaft entwickelt, die weitere Wege scheue und der Backwaren zu jeder Tages- und Nachtzeit in Supermärkten oder Tankstellen mit dem Parkplatz vor der Tür geboten werde. Auch Kinder als nächste Kundengeneration würden schon „anders gepolt“, so Müller mit dem Hinweis auf die allgemeinen Auswirkungen auf den Einzelhandel und die damit tangierten wirtschaftlichen Unternehmensinteressen.

Leerstand in der Hauptgeschäftsstraße

Das „Brothaus“ bleibe weiter mit Filialen in der Kreisstadt präsent, wobei eine dem Drogeriemarkt nach Riedfeld folgt. Zur Zukunft der Immobilie in Privatbesitz war nichts zu erfahren. In Neustadt wiegen beide Betriebsverlagerungen schwer. Im Fall des Drogeriemarktes, abgesehen vom Leerstand in der Hauptgeschäftsstraße, wegen des „Einkaufs der Laufkundschaft im Vorbeigehen“, bei der Bäckerei insbesondere wegen des durchgeschnittenen Traditionsbandes des Cafés, mit dem sich für viele Neustädter Erinnerungen an viele schöne Begegnungen und Treffen „im Beyer“ verbinden.

Diese haben sich sogar in der TV-Serie „Lindenstraße“ niedergeschlagen, in die der Regisseur Hans W. Geißendörfer seine „Beyer“-Erlebnisse einfließen ließ. Nun hat dieses Café noch vor dem angekündigten Ende der „Lindenstraße“ sein Ende. Mittlerweile schlägt das Aus der Bäckereifiliale auch in den sozialen Netzwerken Wellen, die bis ins Rathaus schwappen. „Wie traurig ist das eigentlich, dass unsere Schulkinder ab September nicht mehr die Möglichkeit haben, sich eine Verpflegung für die Pause zu kaufen, geschweige denn ebenso die älteren Bewohner der Stadt!“ ist da mit der Frage nach „dem Engagement der Stadt, der Verwaltung, des Stadtrates“ zu lesen.

Demo geplant

Um ein Zeichen zu setzten und hier was zu erreichen, werden nach dem „Friday for Future“-Beispiel die Rentner aufgerufen, „am Marktplatz für die Kleinsten und für sich sowie eine Zukunft mit einer Innenstadt mit Versorgung zu demonstrieren“. Aktuell ist das Rad der Betriebsschließungen sicher nicht zurückzudrehen, vielleicht aber ein Zeichen gegen weitere Zentralitätsverluste der Einkaufs-Innenstadt zu setzen, zumindest die „1“ zu retten, der zusehends das „a“ verloren geht. Die Würzburger Straße wird dafür von vielen Neustädter als mahnendes Beispiel gesehen, in der dieses „a“ bereits „hinter Bürofenstern verschwunden ist.

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