Schulbehörde lässt Familie von behindertem Kind verzweifeln
25.07.2015, 06:00 Uhr
Anja Gerlach, die Mutter von Franz, die mit ihrer insgesamt sechsköpfigen Familie vor eineinhalb Jahren von Berlin zunächst nach Cadolzburg (Kreis Fürth) zog, bemühte sich seither um Unterstützung für das Sorgenkind. Schon der Schulstart von Franz noch in Berlin war schwer belastet. Die Lehrer kamen mit dem strapaziösen, impulsiven und bisweilen auch aggressiven Schüler nicht zurecht.
In Cadolzburg ging es nicht anders weiter. Von der dortigen Mittelschule bekam er zum Beispiel im vergangenen Jahr ein Zeugnis ganz ohne Noten und mit der Bemerkung: "Franz besuchte den Unterricht mit maximal 12 Unterrichtsstunden pro Woche. Es konnten keine Leistungsnachweise erhoben werden."
Erst in der Zirndorfer Mittelschule fasste er erstmals in seiner Schullaufbahn Fuß. Dort wird Franz umfassend betreut und gefördert. Seine Klassenlehrerin Ute Fleischmann kümmert sich mit Unterstützung anderer intensiv um den Zwölfjährigen. Die Mutter Anja Gerlach ist glücklich über diese Entwicklung: "Zum ersten Mal geht Franz gern in die Schule, er hat Freunde und wird geschätzt."
Anpassungsschwierigkeiten und Traumata
Der Junge ist unter anderem wegen einer seelischen Störung schwerbehindert. Er ist in die Pflegestufe 1 eingeordnet, weil "auf Dauer" Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf besteht, wie der Medizinische Dienst festgestellt hat. Ärzte des Erlanger Uni-Klinikums stellten starke Anpassungsschwierigkeiten, Traumata, große Ängste vor Leistungen und vor dem Versagen fest.
Innerhalb des Landkreises Fürth war eine offizielle Zuweisung an die Zirndorfer Schule aus "pädagogischen Gründen" kein Problem. Eine solche ist notwendig, weil es in solchen Fällen in der Regel keine frei Wahl des Schulortes gibt. Pflicht ist der Besuch der jeweiligen Sprengelschule.
Nach dem Umzug nach Brunn bei Emskirchen (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) wäre vom dortigen staatlichen Schulamt ebenfalls eine solche amtliche Zuweisung notwendig. Es geht dabei auch um die Bezahlung des Schulwegs. Dieser Bescheid blieb aber trotz größter Bemühungen der Zirndorfer Lehrer, anderer beteiligter Stellen sowie der Eltern von Franz monatelang aus.
Schulamt lässt sich monatelang Zeit
Nach einer Anfrage der Nürnberger Nachrichten an das Neustadter Schulamt - die Behörde bietet im übrigen auch kein Alternativkonzept für Franz an - kam nach Monaten des Wartens die Zuweisung wenigstens für das gerade ablaufende Schuljahr. Damit kann Anja Gerlach die Erstattung der Kosten für die Fahrkarten der vergangenen Monate von Emskirchen nach Zirndorf beantragen.
Das ist aber nicht das Hauptproblem. Zum einen ist völlig offen, wie es im kommenden Schuljahr mit Franz weitergehen soll, zum anderen braucht er mit seiner Behinderung nach Meinung der Schulberatungsstelle Mittelfranken unbedingt eine "begleitete Schulwegbeförderung". Bisher ist der Schulweg von Franz, der kaum lesen und schreiben kann und bisweilen größte Probleme bei der Orientierung hat, äußerst strapaziös. Er muss um fünf Uhr morgens aufstehen, weil es wegen seiner Beinträchtigungen lange dauert, bis er fertig ist. Sein Stiefvater bringt ihn dann zum Emskirchener Bahnhof zum Zug nach Fürth. Dort nimmt ihn der amtliche Schulbegleiter den Jungen aus purem Entgegenkommen in Empfang und fährt mit ihm weiter mit dem Bus in die Zirndorfer Schule.
Abgeholt wird Franz dann manchmal von seinem Stiefvater mit dem Lkw, mit dem er Möbel ausliefert. Franz muss ihn dann noch zu Kunden begleiten, Manchmal kommt er in einer Zirndorfer Betreuungseinrichtung unter. Das Kind ist dann oft gut zwölf Stunden unterwegs. Machmal muss es ganz zu Hause bleiben, weil sich das organisatorisch nicht anders machen lässt. Für die Großfamilie sind diese Umstände sehr belastend.
Anja Gerlach, die Mutter, ist der Verzweiflung nahe. "Wir schaffen das nicht mehr. Die ganze Familie ist fertig. Wenn sich das im nächsten Schuljahr nicht ändert, bleibt Franz einfach zu Hause. Die Schulbehörde interessiert das eh nicht. Die ist vielleicht froh, dass sie das Problem los ist."
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