10. Januar 1971: Stadt schuf Ärger im Altenheim

10.1.2021, 07:00 Uhr
10. Januar 1971: Stadt schuf Ärger im Altenheim

© K. E.

So wie dieser Bürger zur Feder griff, weil sein Onkel statt 322,50 DM plötzlich 382,50 DM oder 18,6 Prozent mehr bezahlen muß, beschwerten sich auch andere Leser über die nach zwei Jahren wieder hinaufgesetzten Beträge, wie sie vom Stadtrat bei den Haushaltsberatungen beschlossen worden sind. „In erster Linie wegen der gestiegenen Personalkosten“, begründet Sozialreferent Dr. Max Thoma.

6,3 Millionen DM waren im Etat 1970 für Löhne und Gehälter der dienstbaren Geister in den städtischen Alten- und Pflegeheimen vorgesehen. „Doch die Summe wird wegen der ab 1. Oktober angehobenen Bezüge für Krankenpflegekräfte und der bei der Bemessung erfolgten Umstellung vom Dienstalter auf das Lebensalter der Beschäftigten um rund 200 000 DM überschritten“, verkündet Verwaltungsrat Arthur Krehft, der Leiter des Amtes für Altenversorgung, in dessen Bereich 300 Menschen Dienst tun. Um sie bezahlen zu können, hat die Stadt für dieses Jahr rund 8 Millionen DM Ausgaben eingeplant: eine Zunahme um 1,3 Millionen DM.

„Was die ganze Geschichte so teuer macht, ist die Aufgabenteilung. Während die freien Verbände wie Innere Mission, Caritas oder Arbeiterwohlfahrt in erster Linie die noch rüstigen alten Nürnberger betreuen, kümmert sich die Stadt um die Kranken, für die sie zur Zeit 800 Pflegebetten unterhält. Natürlich brauchen wir dafür auch viel Personal“, schildert Dr. Max Thoma die Lage.

Vor der Erhöhung des Unterhaltssatzes ist lange geknobelt worden, bis die Entscheidung fiel: der Mehraufwand für das Personal wurde gleichmäßig auf alle Heimplätze umgelegt und der Erhöhung „in einem Ruck“ der Vorzug gegeben. „Niemand kann es zwar vorhersagen – aber wir hoffen, daß wir die Leute jetzt wieder zwei Jahre lang in Ruhe lassen können. Denn eine Gebührenerhöhung bringt immer Unruhe“, erklärt der Sozialreferent, der von den Insassen pflegeintensiver Heime (Regensburger Straße, Platnersberg und Sebastianspital) mit monatlichen Beiträgen zwischen 330 DM und 570 DM (für Schwerkranke) rechnen kann. Das entspricht einem Pflegesatz zwischen 12 und 16 DM am Tag.

Für die drei anderen Häuser am Kettensteg, in Johannis und im Heilig-Geist-Spital, die allesamt den Charakter von Wohnheimen besitzen, in denen sich die Menschen selbst versorgen, blieben die Quadratmeterpreise unverändert. Sie schwanken je nach Lage des Zimmers geringfügig und können durchschnittlich mit knapp zwei DM im Monat veranschlagt werden. Dazu kommt jetzt allerdings ein Zuschlag von monatlich vier DM bei Alleinstehenden, von fünf DM bei Ehepaaren, mit dem solche Leistungen wie die Treppen- und Flurreinigung abgegolten sind.

„Gemessen an der Entwicklung der Mieten ist das sehr bescheiden.“ Hier fallen aber auch die Personalkosten nicht wesentlich ins Gewicht", meint Dr. Thoma, der sich mit seinen neuen Unterhaltssätzen keineswegs zu verstecken braucht.

Mit den ab 1. Januar gültigen Preisen, mit denen rund zwei Drittel der Personalkostensteigerung aufgefangen wird, rangiert Nürnberg noch immer unten im Feld der vergleichbaren Großstädte. Nürnberg liegt damit – das kann das Sozialreferat schwarz auf weiß beweisen – auch unter den Sätzen, die die freien Träger verlangen müssen und die bis zu knapp 800 DM betragen.

„Wir wollen den Verbänden und Organisationen keinen Vorwurf machen, denn sie müssen so hoch gehen, wenn sie zurechtkommen wollen. Dagegen steht bei uns auch nach der Erhöhung unter dem Strich noch immer ein beträchtlicher Zuschußbedarf.“

Er hat im vergangenen Jahr bei 3,5 Millionen DM gelegen und wird heuer im gleichen Maß benötigt. Dazu kommen noch die Aufwendungen für die alten Menschen; die zu dem zwei Drittel der Selbstzahler gehörten, jetzt aber bei den neuen Sätzen öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen.

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