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20. November 1971: Wieder mehr liegende Grabmale

20.11.2021, 07:00 Uhr
20. November 1971: Wieder mehr liegende Grabmale

© Ulrich

So wies sie beispielsweise im Südfriedhof Abteilungen aus, in denen die Blöcke für die vorderste Grabreihe verwendet werden dürfen. Auch die Kirchengemeinden haben in der Regel gegen die liegenden Steine nichts einzuwenden.

Die Entscheidung zwischen den beiden Möglichkeiten hängt zunächst einmal vom Geld ab. Denn gegenüber den herkömmlichen, hochragenden Grabsteinen kosten die liegenden Exemplare allein schon deswegen mehr, weil sie mehr Masse haben. Rund 1500 Mark: das ist die geringste Summe, die dafür ausgegeben werden muß. Meistens beträgt die Rechnung zwischen 2500 und 3000 DM.

Daß immer mehr Nürnberger, die es sich leisten können, den liegenden Steine bevorzugen, hat Gründe vielfältiger Art. „Die Grabpflege ist leichter. weil nur wenige Anpflanzungen nötig sind“, erklärt Amtsrat Paul Schurig vom Bestattungsamt.

Prodekan Friedrich Wolf, evangelischer Pfarrherr in Mögeldorf, bestätigt den städtischen Beamten: „Die Entwicklung geht zum liegenden Grabstein, weil die Grabpflege leichter ist. Da braucht der Gärtner nur eine Blumenschale oder im Winter ein Erika-Stöckchen hinzustellen und für den in Hamburg lebenden Sohn ist das Problem gelöst.“

Pfarrer Wolf deutet damit an, was seine Amtsbrüder in den anderen Kirchengemeinden mit eigenem Gottesacker empfinden. In den liegenden Grabsteinen kommt der Wandel der Sozialstruktur mit gelockerten Bindungen innerhalb der Familien, mit größerer Mobilität, mit Kinderlosigkeit zum Vorschein.

So mancher Geistliche zieht Vergleiche. Wie die Kranken heutzutage am liebsten ins Krankenhaus geschafft, die Alten im Altenheim untergebracht werden, geschieht es den Toten: „Aufs Grab legt man einen großen Stein, dann hat man keine Scherereien.“

Dennoch: daß der schwarze, Besitz und Wohlstand symbolisierende Obelisk immer mehr verschwindet, bedauert niemand. Selbst wenn die liegenden Grabsteine meist aus dunklem Granit (oft noch poliert) bestehen und nicht aus dem Sandstein, der den Reiz des berühmten Johannisfriedhofs oder des Rochusfriedhofs ausmacht.

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