27. April 1971: Delphine gehören in das Baufach

27.4.2021, 07:00 Uhr
27. April 1971: Delphine gehören in das Baufach

© Contino

Übertragen auf das im Tiergarten entstehende Delphinarium bedeutet das: nicht nur das Gebäude, auch der Taucheranzug für den neuen Trainer Jürgen Klinkert (früher Duisburg), sogar die fünf Delphine fallen unter diesen Begriff. Und deshalb mußten die Stadtväter zu ihrer großen Überraschung im Bauausschuß den Kauf der kleinen Wale (samt Zubehör für 150 000 Mark) beschließen.

Vorher gaben sie freilich zu bedenken, welche Entscheidung ihnen abverlangt werden könnte, wenn es eines Tages um eine neue Kinderklinik geht. Müssen sie dann auch dafür sorgen, daß Kinder da sind?

Die Beteuerung des Baureferenten Otto Peter Görl, daß man sich zwar bemühe, aber noch nicht genau wisse, ob 2,9 Millionen für den Neubau reichen, war gewohnte Kost für die Stadträte. Sie verstanden auch, daß Taucheranzug, Laborgeräte und Spielzeug für die gelehrigen Schwimmer noch in ihr Ressort gerechnet werden. Wie aber sollten sie wissen, daß 140.000 DM für fünf Delphine (drei „ungelernte“ und zwei dressierter Tiere) ein gerechter Preis sind?

Gottlob gab es in ihren Reihen noch zwei Experten. Bürgermeister Franz Haas kannte den Marktwert. 15.000 bis 20.000 Mark müßten für ein Exemplar im Abc-Schützen-Stand hingelegt werden. Delphine, die schon einige Kunststückchen zeigen können, seien bereits zwischen 35.000 und 40.000 Mark wert.

SPD-Stadtrat Dr. Ludwig Borger, der Präsident des Tierschutzvereins, erläuterte näher, warum sich Nürnberg für die gemischte Fünfergruppe entschieden habe.

1. Wären nur Anfänger gekauft worden, könnten flippererfahrene Zuschauer verärgert werden und die ganze Institution rasch in Mißkredit geraten. Wer wolle das schon?

2. Die Stückzahl fünf nehme auf die sehr hohe Delphin-Sterblichkeit Rücksicht. Schließlich hätten im vergangenen Jahr allein in Schweden sechs solcher Tiere das Zeitliche gesegnet, gestorben an Quecksilbervergiftung durch Makrelennahrung. Die verschmutzte Umwelt reicht sogar ins Delphinarium.

Nach dieser Aufklärung fiel die Entscheidung zum Kauf ohne weitere Debatte. Aber Dr. Borger hatte damit sein Pulver noch nicht verschossen. „Wir bauen ein supermodernes Ding, aber das Salz für die Wasseraufbereitung muß mit Schubkarren herangefahren werden, weil das Silo fehlt“, übte er Kritik.

Baureferent Görl horchte auf. Schließlich war mit dem Bau ein erfahrener Architekt betraut worden. Aber er will auf alle Fälle auf der Baustelle nach dem Rechten sehen. Notfalls wüßte Stadtrat Hans Hoffmann (CSU) einen Ausweg: „Dann bauen wir halt wieder um!“

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