Fall 35: Bedrückende Mietlast

19.12.2019, 09:22 Uhr

Um wenigstens ein paar Euro Stromkosten zu sparen, ist der Kühlschrank abgeschaltet und dient als normaler Vorratsschrank für die wenigen Lebensmittel, die Maria W. (Name geändert) zu Hause hat. Große Vorräte braucht die zierliche 63-Jährige nicht, sie kauft lieber frisch ein und fahndet dabei nach Sonderangeboten. Denn das Geld ist äußerst knapp bei der Nürnbergerin, die seit fünf Jahren arbeitslos ist.

Ihren letzten Job hatte sie verloren, weil ihr Arbeitgeber pleiteging. Und mit Ende 50 wollte ihr trotz etlicher Bewerbungen niemand mehr eine Chance geben, zumal sie auch nicht mehr so belastbar war. Die jahrelange Akkordarbeit in einer Fabrik hat ihre Spuren hinterlassen. "Ich habe oft schwer heben müssen", sagt W., der jetzt ein Behinderungsgrad von 50 zuerkannt wurde.

Sie wollte nie abhängig sein

Dass sie nicht mehr selbst für ihren Unterhalt sorgen kann, macht ihr auch psychisch zu schaffen, denn sie wollte nie abhängig sein. "Sie ist ein Paradebeispiel für jemanden, der immer gearbeitet hat und sich jetzt trotzdem alles vom Munde absparen muss", sagt die Sozialpädagogin. Als ihr Sohn klein war, schraubte Maria W. sogar in Heimarbeit Lippenstifthülsen zusammen, um nicht auf öffentliche Gelder angewiesen zu sein. "Wir sind immer gut zurechtgekommen."

Doch mit dem, was sie jetzt hat, kommt sie trotz aller Sparsamkeit kaum mehr über die Runden. Und das liegt in erster Linie an den gestiegenen Mietkosten: Für ihre Zweizimmerwohnung in der Südstadt, in der sie seit über 30 Jahren lebt, werden mittlerweile über 500 Euro verlangt – und selbst das ist noch vergleichsweise günstig. Und doch liegt die Miete über dem, was Empfängern von Arbeitslosengeld 2 zugestanden wird.

Sorgen werden nicht kleiner

So muss sie die Differenz aus ihren ohnehin schmalen Bezügen selbst decken: rund 60 Euro im Monat – die ihr dann freilich bei allen anderen Ausgaben fehlen. Dabei würde Maria W. nur zu gern in eine günstigere Wohnung umziehen. Doch die Suche gleicht der nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Vielen Menschen geht es ähnlich, bestätigen Sozialpädagogen der Weihnachtsaktion am laufenden Band – was Maria W. natürlich nicht trösten kann. Nur in Einzelfällen würden die Ämter aus Kulanz den höheren Betrag übernehmen.

Wenn Maria W. demnächst in die Rente wechselt, werden ihre Sorgen jedenfalls nicht kleiner. Denn dann wird sie auf zusätzliche Grundsicherung angewiesen sein und wieder nicht wissen, ob das Geld bis zum Monatsende reicht. Manchmal ist sie wütend über diese Entwicklung, meistens aber überwiegt die Angst. Wenigstens die will die Weihnachtsaktion ihr vorübergehend nehmen.

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