BN-Vorsitzender im Podcast

ICE-Werk im Hafen - Wohnungen über dem Frankenschnellweg

Matthias Oberth

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18.2.2022, 16:47 Uhr

Ein Leisetreter war er schon in den 1980er-Jahren nicht, als er für die Grünen im Nürnberger Stadtrat saß. Die politische Karriere führte Klaus-Peter Murawski aber zunächst nach Baden-Württemberg, wo er in Stuttgart als Bürgermeister und später als Chef der Staatskanzlei und Staatsminister für die Landesregierung im Einsatz war. Nach seiner Rückkehr nach Nürnberg und der Erholung von gesundheitlichen Problemen, hat sich der 71-Jährige Anfang des Jahres mit einem Paukenschlag auf der politischen Bühne zurückgemeldet.

In seiner neuen Rolle als Vorsitzender des Bundes Naturschutz (BN) in Nürnberg brachte er das Gelände des Nürnberger Hafens als Standort für das ICE-Ausbesserungswerk ins Spiel. Die Reaktionen waren ebenso heftig, wie weitgehend ablehnend. "Es wird in der Politik oft schneller reagiert, als sich informiert", sagt er im Podcast "Horch amol". Den Kritikern empfiehlt Murawski sich erst einmal ernsthaft mit dem Vorschlag auseinanderzusetzen, ehe man Stellung dazu bezieht.

Er selbst hat mit seinem Vorgänger beim BN, Otto Heimbucher, sowohl mit der Deutschen Bahn, als auch mit der Kommunalpolitik das Gespräch gesucht und die Möglichkeiten einer Umsetzung ausgelotet. "Das Umschlagvolumen der Güter im Nürnberger Hafen wird zu 93 Prozent auf der Schiene abgewickelt und nur zu sieben Prozent mit dem Schiff", zitiert Murawski aus einer Antwort der bayerischen Staatsregierung auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Verena Osgyan. Deshalb sei es auch logisch, dass der Hafenbetreiber einen Teil des Hafenbeckens zuschütten möchte. Mit der Bahn habe sich der BN deshalb darauf geeinigt, eine Machbarkeitsstudie für das Hafengelände erstellen zu lassen, damit die durchaus vorhandenen Problempunkte einfließen können.

Beispielsweise der Schwerlastkai, über den man nach Murawskis Worten "hinweg kommen muss". Während die Zufahrt auf das Gelände über die Bahnstrecke Treuchtlingen-Nürnberg erfolgen könnte, ist die Abfahrt noch detaillierter zu untersuchen, sagt der BN-Vorsitzende. Es sei aber auf keinen Fall im Sinn der Naturschützer, das dafür Waldflächen an der Wiener Straße geopfert werden, wie dem BN unterstellt wurde.

Murawski geht es bei der Standortentscheidung um mehr, als die Rettung von wertvollen Bannwald. "Wir versuchen als Bund Naturschutz das Augenmerk darauf zu richten, dass wir in anderen Zeiten leben", so Murawski. Der Klimareport des bayerischen Umweltministeriums aus dem Jahr 2021, prognostiziert laut Murawski, dass auf Bayern "Dürre und Hitze in nicht gekanntem Ausmaß zukommt" und dies auch nicht mehr zu stoppen sei. Umso wichtiger ist der Erhalt des Waldes in und um Nürnberg in seiner Funktion als kühlender Faktor für die Stadt. "Wir alten Dackel sollten doch alles dafür tun, dass die nachfolgenden Generationen hier immer noch gut leben können", richtet er seinen Appell an die Verantwortlichen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten in der politischen Verantwortung stehen.

Murawski scheint es sich zum Ziel gesetzt zu haben, mit dem BN nicht als "Verhinderungs-Verein" aufzutreten, sondern mit konkreten Vorschlägen Denkanstöße zu geben. Der Frankenschnellweg sei ein Relikt aus dem "Paläolitikum" - also der Altsteinzeit. Statt dem kreuzungsfreien Ausbau und einer Einhausung mit Begrünung, schlägt er vor, die Straße mit Wohnungsbau zu überbrücken und keine "Lkw-Rennstrecke" entstehen zu lassen.

Auch beim Wohnungsbau müsse man immer schauen, "was hinten rauskommt", so der BN-Chef. Wer 400.000 Wohnungen bauen will, um der Wohnungsnot zu begegnen, muss auch dafür sorgen, dass die Wohnungen bezahlbar sind. "Wenn die Grundstückskosten zu 90 Prozent der Preistreiber sind, brauchen wir solche Maßnahmen um kostengünstig Wohnraum zur Verfügung stellen zu können", lautet seine Devise. Zugleich bestünde hier die Möglichkeit, ökologische Maßstäbe im Wohnungsbau zu setzen.

ICE-Werk im Hafen - Wohnungen über dem Frankenschnellweg

© Grafik: Redaktionsservice

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