In der Drogenpolitik ist Ideologie fehl am Platz

23.12.2019, 07:38 Uhr

Bayern ist immer spitze, zumindest in der Selbstwahrnehmung der bayerischen Staatskanzlei. Eine Spitzenposition nimmt der Freistaat auch dieses Mal ein, allerdings keine positive: Denn in keinem anderen Bundesland sterben so viele Menschen an Drogen wie im Freistaat. Doch wer angesichts einer solch unrühmlichen Bilanz erwarten würde, dass die Staatsregierung ihre Drogenpolitik einer kritischen Würdigung unterzieht, wird enttäuscht. An dem alten, ideologisch geprägten Kurs wird nicht gerüttelt.

Nun ist Bayern nicht allein mit seinen Drogenproblemen. Andernorts ist es mitunter viel schlimmer, man sehe sich Länder wie Mexiko oder die USA an. Letztere sind mit ihrer restriktiven Drogenpolitik, ihrem "War on Drugs", zu deutsch, Krieg gegen Drogen, grandios gescheitert. Dass man es anders machen kann, zeigt dagegen Portugal. Seit 2001 verfolgt die Regierung eine liberale Drogenpolitik. Die Zahl der Drogentoten hat sich seitdem halbiert.


Drogenkonsum in Nürnberg: Unterwegs mit einem Streetworker


In München mauert man dagegen schon gegen wesentlich weniger kontrovers diskutierte Maßnahmen. So sind Drogenkonsumräume in anderen Bundesländern längst ein etablierter Teil der Drogenhilfe. Konsumenten können dort beaufsichtigt und unter hygienischen Bedingungen ihre mitgebrachten Drogen konsumieren.

Dass das sinnvoll sein kann, hat sogar schon der ein oder andere CSU-Kommunalpolitiker erkannt. Erst jüngst wurde in Nürnberg der Vorschlag laut, einen Modellversuch in Bayern zu starten. An der dogmatischen Anti-Haltung der Staatsregierung änderte das bisher nichts: Sie schmetterte den Vorstoß der pragmatischen Parteifreunde stets ohne Zögern ab.

Bisherige Erfahrungen positiv

Und das, obwohl die bisherigen Erfahrungswerte eindeutig sind: Das zeigt auch eine Untersuchung der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht: Viele Konsumenten nehmen die Konsumräume an, die Zahl der Opiattoten sinkt, der öffentliche Drogenkonsum wird weniger. Mit solchen Argumenten könnte es die CSU sogar ihren konservativen Wählern verkaufen. Denn öffentlicher Konsum und benutztes Spritzgeschirr will keiner sehen.

Stattdessen schürt die CSU lieber eine der Urängste ihrer Anhänger und bedient sich dafür auch noch dem entsprechend populistischen Jargon vom "rechtsfreien Raum". Und ja, in solchen Räumen findet keine Strafverfolgung statt. Aber wer tatsächlich Drogen konsumieren will, wird einen Weg finden. Warum dann nicht wenigstens unter hygienischen Bedingungen und außerhalb der Öffentlichkeit?


CSU setzt auf Naloxon statt Drogenkonsumräume


Natürlich sind Drogenkonsumräume kein Allheilmittel. Durch sie alleine können nicht alle Drogentote verhindert werden. Aber eingebettet in ein breites Angebot an Hilfsmöglichkeiten, sind sie eine Anlaufstelle für Konsumenten. Und sie können vor allem eines: Leben retten. Hier ist ein pragmatischer Ansatz gefragt; überkommenen Ideologien und verbohrte Einstellungen sind fehl am Platz.

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