Kaum ein Platz zum Aufwärmen für Obdachlose in Fürth

29.01.2021, 06:00 Uhr
Roland lebt auf der Straße. Vor dem Lockdown konnte er sich im Fürther Treffpunkt aufwärmen.

© Foto: Hans-Joachim Winckler Roland lebt auf der Straße. Vor dem Lockdown konnte er sich im Fürther Treffpunkt aufwärmen.

Das Schicksal einer jungen Obdachlosen, die sich Jackie nennt, hat im vergangenen November viele Leserinnen und Leser bewegt und ihr nicht nur zu Spenden verholfen, sondern sogar auch zu einer Wohnung. Von so viel Glück können andere in gleicher Not nur träumen. Die Aktion "Freude für alle" versucht freilich zu helfen, wo es geht – vor allem über Einrichtungen wie die Wärmestuben in Nürnberg, Fürth und Erlangen.

Auch sein Zuhause waren Straßen und Parks – bis vor kurzem: Gerade jetzt, im Winter, setzt allen, die sich im Freien durchschlagen müssen, vor allem die Feuchtigkeit zu, die nach und nach unter die Haut, in jeden Muskel, in jeden Knochen kriecht. Wo Roland etwas Schutz fand, will er nicht verraten. Er sagt nur: Während der Nacht saß ihm stets die Angst im Nacken, dass er wegen Hausfriedensbruchs angezeigt wird. In seinem Rucksack trug er die wenigen Dinge bei sich, die er sein Eigen nennt. Manchmal stecken ihm Leute etwas Geld zu. Am wichtigsten war ihm der Schlafsack – und ist es noch. Denn durch einen glücklichen Umfang hat er jetzt wieder ein Dach über dem Kopf, allerdings nur befristet für ein Jahr.

Wie er überhaupt auf der Straße landete? Die Antwort fällt vage aus: Schon vor 20 Jahren verlor der gelernte Schlosser seine Arbeit, in der letzten Wohnung in Fürth sei es "unruhig" gewesen, vor zwei Jahren kündigte er sie, er musste ohnehin für ein paar Monate in Haft. Als er wieder rauskam, hatte er kein festes Zuhause mehr.

Keine warmen Mahlzeiten

Auf der Straße hätte der 48-Jährige nicht unbedingt leben müssen. Aber in den Übergangseinrichtungen hätte er sich nicht wohlgefühlt. Er ist ein Einzelgänger und zieht sich gerne zurück. Deshalb macht er auch um Nürnberg mit seiner größeren Obdachlosenszene meist einen größeren Bogen. "Ich habʼ mein eigenes Trauma", sagt er, "und will mir keine anderen Schicksale anhören, um mich damit auch noch zu beschweren." Anlaufstellen wie der Fürther Treffpunkt bleiben für ihn dennoch wichtig – auch wenn es dort derzeit keine warmen Mahlzeiten gibt. Immerhin aber eine Lebensmittelausgabe zweimal pro Woche.


Obdachlos in Nürnberg: Ein Leben ganz unten.


Der Lockdown trifft nun alle, die weiter auf der Straße leben müssen, mit doppelter Wucht. "Leider dürfen wir niemanden in die Räume lassen, nicht mal zum Aufwärmen", bedauert Treffpunkt-Leiter Wolfgang Sperber. Den Betroffenen bleiben derzeit nur zugige Orte wie Bahnhofshallen. "Viele sind aber eben auch Überlebenskünstler und haben über die Jahre hinweg Kontakte geknüpft und Nischen gefunden, wo sie mal Unterschlupf finden können."

Fehlender Austausch

Schwer ist es für Wohnungslose auch, zerrissene Kleidung zu ersetzen oder an wärmere Jacken zu gelangen. Denn auch Kleiderkammern und Fundgruben sind weithin unzugänglich. Und Einzelgänger hin oder her – auch Roland vermisst den sozialen Austausch. Und wenn es nur darum geht, "mal über Gott und die Welt zu schmarren", wie er sagt.

Noch in einem weiteren Punkt geht es bergauf: Seit August, als er einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, trinkt er keinen Alkohol mehr – was auf der Straße extrem schwer durchzuhalten ist. "Aber eine Depression will ich mir nicht auch noch einfangen, das ist alles schon enttäuschend genug."

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