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Maschinengewehre, neue Bauten, fehlende Infos: Das passiert gerade rundum die Kongresshalle

Verena Gerbeth

nordbayern.de

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19.3.2024, 17:06 Uhr
Aufgrund der Kulturgroßbaustelle im Rundbau der Kongresshalle stehen den bisherigen Nutzern keine Räume mehr zur Verfügung. Für den Süddeutschen Verband reisender Schausteller und Handelsleute e. V. sowie für das Bayerische Rote Kreuz, die Feuerwehr und die Polizei wurden vor Ort Interimsbauten errichtet

© Hans-Joachim Winckler, no credit Aufgrund der Kulturgroßbaustelle im Rundbau der Kongresshalle stehen den bisherigen Nutzern keine Räume mehr zur Verfügung. Für den Süddeutschen Verband reisender Schausteller und Handelsleute e. V. sowie für das Bayerische Rote Kreuz, die Feuerwehr und die Polizei wurden vor Ort Interimsbauten errichtet

Seit Dezember 2021 steht mit dem Beschluss des Stadtrats fest: Die Kongresshalle wird sich eingehend verändern, unter anderem zur Interimsspielstätte des Staatstheaters Nürnberg während der Sanierungsphase des Opernhauses werden. Noch dazu sollen im Rundbau des Gebäudes zum Beispiel Ateliers oder Räume für Bandproben entstehen. Die Auswirkungen dieser Pläne bekamen zuallererst die Nutzer der Räumlichkeiten der Kongresshalle zu spüren. Sie mussten der Kulturgroßbaustelle weichen.

Betroffen waren auch die Sicherheitsbehörden und der Schaustellerverband, für die eine Alternative in unmittelbarer Nähe des Volksfestplatzes gefunden werden musste. "Das war schon ein Schock", sagte am Dienstag Schausteller-Chef Lorenz Kalb. Schließlich sei es wichtig, in unmittelbarer Nähe zu sein. Ein für 4,27 Millionen Euro errichtetes Sicherheitscenter wird genau das ermöglichen.

Dort können nicht nur Verletzte von den Einsatzkräften des BRK versorgt werden - auch der Polizei stehen dort insgesamt drei Zellen und zwei Vernehmungszimmer zur Verfügung. Bürgermeisterin Julia Lehner und Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmeier übergaben den Komplex auf knapp 2700 Metern Fläche in unmittelbarer Nähe der Kongresshalle am Dienstag. Wie lange der Interimsbau wohl bestehen bleiben wird, dazu wollte kein Vertreter der Stadt eine Aussage treffen. Schließlich ist der Wiedereinzug mit dem Voranschreiten der Baumaßnahmen unmittelbar verbunden. "Wir hoffen, dass wir auch bald wieder zurückziehen können", sagte Kalb bei der Veranstaltung.

Baustelle im Innenhof

Die ersten baulichen Maßnahmen sind bereits in vollem Gange. Mit der Beseitigung der Schadstoffe wurde bereits im Herbst 2023 begonnen. "Die verunreinigten Erdmassen auf der ehemaligen Feuerwehrübungsfläche südlich der Zufahrt im sogenannten Innenhof wurden beseitigt", hieß es von Seiten der Stadt Anfang März. Zudem wurden zwischen den Betonfundamentplatten 2000 Kubikmeter Erde mit Schadstoffbelastung entfernt und ausgetauscht. Die Maßnahmen, mit neun Millionen Euro veranschlagt, werden zum Großteil aus Fördermitteln der EU bezahlt. Auch die Beseitigung von Asbest im Inneren der Kongresshalle läuft bereits.

Unter dem Kriegsschutt befanden sich Stahlhelme, Stabbrandbomben, Maschinengewehre und Teile von Panzern. Der Innenhof ist seit Anfang des Jahres zwar nicht mehr zu betreten, aber weiterhin über eine Plattform seitlich für die Öffentlichkeit zugänglich - damit hält die Stadt ihr zuvor gegenüber Vertretern der Erinnerungskultur gegebenes Versprechen.

Kulturvermittlung trotz Baustelle gewährleistet?

Jährlich besuchen rund 300.000 Menschen das Nürnberger Doku-Zentrum, das sich derzeit selbst in der Sanierungsphase befindet. Darüber hinaus dürften es Besucher in Millionenhöhe sein, die sich über das Gelände bewegen, unter anderem die Zeppelintribüne oder die Kongresshalle samt Innenhof sehen wollen. Eingehende Informationen bieten nicht nur die Guides vom Verein "Geschichte für alle", sondern auch 23 Schautafeln, verteilt über das gesamte Areal. Auch im Innenhof der Kongresshalle sind Stelen zu finden. Sie klären über die ursprünglichen Pläne des Nazi-Baus auf, die pseudo-religiöse Inszenierung, die Hitler für sich und seine Parteigenossen dort im Sinn hatte und über den Umgang mit dem Ort in den Nachkriegsjahrzehnten.

Die Objekttafeln stehen dort noch immer - nun in rund 20 Metern Entfernung von der derzeitigen Plattform und sind seit Schließung des Innenhofs zu Beginn des Jahres zwecklos. Für Kulturvermittelnde eine Herausforderung, gehören die bebilderten Objekttafeln doch zum Standardprogramm für Schulklassen und Erwachsenengruppen. Besucher, die keine Führung gebucht haben, verlassen das Halbrund ohne Informationsquelle.

Auf Nachfrage zeigt Bauherrenvertreter für die Kulturgroßbauprojekte Robert Vogel Verständnis. "Die Stadt steht bereits in Kontakt mit dem Künstler der Infotafeln und prüft eine Versetzung." Denn die Stelen sind nicht willkürlich in den Innenhof platziert worden. Sie sind heute in etwa dort zu finden, wo Hitler während seiner Reden gestanden hätte. Anscheinend hatte sich über die Versetzung oder eine Alternative im Vorfeld niemand Gedanken gemacht. In den kommenden Wochen soll die Plattform zudem vergrößert werden - im Idealfall wird dann auch an eine Informationsquelle für Besuchende gedacht.

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