Nürnberger Bürgerverein kämpft gegen Asylunterkunft
6.4.2013, 10:39 UhrDas ehemalige Bahngelände Rangierbahnhof-Ausfahrt, ein Karree, das hinter der Katzwanger Brücke von der Julius-Loßmann-Straße abzweigt und an zwei Seiten von Gleisen begrenzt ist, wurde seit 2001 Zug um Zug zu Wohnzwecken umgewidmet. Die Mehrfamilienhäuser befinden sich in Privateigentum und sind überwiegend von ausländischen Familien bewohnt. Das Gelände macht einen eher trostlosen Eindruck.
Mittendrin, im Haus mit der Nummer 5, einem früheren DB-Wohnheim für Rangierarbeiter, will die Regierung von Mittelfranken nun eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber einrichten. Der Eigentümer, Karl-Heinz M. aus Fürth, hat bereits letztes Jahr einen entsprechenden Bauantrag bei der Stadt Nürnberg eingereicht.
„Kreuz und quer geteilt“
Genehmigt sei der Antrag noch nicht, wie Daniel Ulrich, Leiter der Bauordnungsbehörde, auf Anfrage mitteilt. Es spreche zwar prinzipiell nichts gegen die Genehmigung, aber es gebe „privatrechtlich-juristische Probleme“. Das Areal sei von der Bahn „rein nach Betriebszwecken kreuz und quer“ geteilt worden, mit der Folge, dass es für das Haus Nummer 5 rein rechtlich gesehen keine Erschließung gebe. Hier müsse nachgebessert werden, so Ulrich. Eigentümer Karl-Heinz M. spricht freilich von einer „reinen Formsache“.
Die übrigen Hausbesitzer und Mieter lehnen das Vorhaben mehrheitlich ab und haben sich deshalb an den Bürgerverein Nürnberg-Hasenbuck gewandt. Der hat nun ein mehrseitiges Protestschreiben an den Regierungspräsidenten Thomas Bauer geschickt. Vereinsvorsitzender Hans Blendinger pocht darauf, dass das Viertel und der ganze Stadtteil bereits sozial überlastet seien. Er verweist auf drei bestehende Asylbewerberheime im näheren Umfeld. „Gibt es denn dafür nur die Südstadt?“, fragt Blendinger. Eine weitere Sammelunterkunft werde „die vorhandenen ethnischen Konflikte verschärfen“. Der Hauseigentümer der Nummer 5 hat dazu eine ganz eigene Sicht der Dinge: Es handle sich bei dem Areal Rangierbahnhof-Ausfahrt um ein „verhautes, vergammeltes Eck“, sagt Karl-Heinz M. „Da sind sowieso fast nur Ausländer dort, jetzt kommen halt noch ein paar Jugoslawen dazu.“
Familien und Alleinstehende
Die Regierung von Mittelfranken kündigt in einem Brief an einen betroffenen Anwohner die mögliche Unterbringung von bis zu 96 Menschen aus Afghanistan, Irak, Iran, Syrien, Äthiopien, Georgien, Kasachstan und Pakistan an — sowohl Familien als auch Alleinstehende. Die Betreuung der Asylbewerber werde durch Sozialpädagogen erfolgen. „Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich unter der Leitung der Sozialbetreuung ein freiwilliger Helferkreis aus dieser Nachbarschaft bilden könnte“, hofft Regierungsdirektor Robert Busse auf die Solidarität der Anwohner.
Auch der Nürnberger Sozialreferent Reiner Prölß appelliert an den Bürgerverein Hasenbuck, „diese Menschen, die ein schweres Schicksal haben, willkommen zu heißen“. Er könne nicht erkennen, dass der Standort ungeeignet wäre. Auf der Suche nach Häusern für Asylbewerberunterkünfte forsche die Regierung sicher nicht gezielt nach belasteten Stadtteilen, meint Prölß. „Man nimmt halt, was der Immobilienmarkt hergibt.“ Die Regierung von Mittelfranken weist auf Anfrage unserer Redaktion darauf hin, dass die bislang zehn staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte in Nürnberg dezentral über die ganze Stadt verteilt seien.
Hans Blendinger vom Bürgerverein Hasenbuck hofft trotzdem, „dass die Stadt sich auf die Hinterfüße stellt“ und die Unterkunft an der Rangierbahnhof-Ausfahrt verhindert. Zudem mahnt er eine Beteiligung der betroffenen Bürger an. Eine Informationsveranstaltung macht aus Sicht der Regierung erst Sinn, wenn feststehe, „ob und wann uns das Mietobjekt übergeben werden kann“. Auch Prölß winkt ab: „Die Stadt hat hier keinen Einfluss, wir werden nicht gefragt.“ Laut Christine Schüßler, Leiterin des Bürgermeisteramts, habe sich die Stadt zu dem Vorhaben „weder positiv noch negativ geäußert“. Eigentümer Karl-Heinz M. behauptet dagegen, eine positive Stellungnahme von OB Ulrich Maly in Händen zu halten.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser hat sich ebenfalls an Regierungspräsident Bauer gewandt. Er teile die Bedenken des Bürgervereins und bitte, „noch einmal die Ortswahl kritisch zu überprüfen“.