St. Egidien
Provokante Ausstellung in Kirche bleibt geschlossen - Kritik vom Team des CSD Nürnberg
28.07.2023, 17:52 Uhr
Das dritte Jahr in Folge stellte die Egidien-Kirche in Nürnberg im Rahmenprogramm des Christopher-Street-Days (CSD) Kunstwerke in ihren Kirchenräumen aus. Dieses Jahr war die Ausstellung besonders provokant: Der prominente homosexuelle Regisseur Rosa von Praunheim hat Werke geschaffen, die kirchliche Symbole mit nackten Männern beim Geschlechtsverkehr verbanden.
In den Bildern übte der Künstler vor allem scharfe Kirchenkritik, gleichzeitig fühlten sich manche Menschen von seinen teilweise pornografischen Motiven provoziert. Die Schau, die erst am Donnerstag (20.7.) eröffnet hatte, ist wenige Tage später am Dienstag (24.7.) vorläufig wieder geschlossen worden. Und diese Entscheidung bleibt so bestehen. Interessiere können von Praunheims Kunstwerke in diesem Zuge nicht mehr sehen.
Diese Entscheidung des Kirchenvorstands St. Egidien und St. Sebald wurde seitens des Fördervereins Christopher-Street-Day Nürnberg e.V. mit "großem Bedauern" vernommen. Und der Vorstand findet in einem Statement deutliche Worte: "Wir halten diesen Entschluss für ein fatales Zeichen aus dem Raum der Kirche. Denn wir haben nun hautnah erlebt, wie rechtsextreme und evangelikale Kräfte versuchen, Homosexualität weiter zu verteufeln, zu beschämen und aus dem Raum der Öffentlichkeit zu drängen", heißt es dort. Kirche sei in diesem konkreten Fall kein "safe space" für queere Menschen und ihre Kultur gewesen, so das Komitee.
Grund für die zuerst spontane und nun endgültige Schließung sind viele Beschwerden, die die Kirche aufgrund der Bilder erhalten hat. Pfarrer Thomas Zeitler kündigte nach der erst kurzfristigen Schließung vergangene Woche auf Anfrage unserer Redaktion an, der Kirchenvorstand wolle nun über das weitere Vorgehen beraten. Drei der Werke waren schon zuvor aus Gründen des Jugendschutzes hinter eine Trennwand mit Warnhinweis platziert worden, weil die Organisatoren Pornographie-Vorwürfe befürchtet hatten. Mit der Abgrenzung sollte vor allem junges oder sensibles Publikum geschützt werden.
Dem wollte auch der Kirchenvorstand Sorge tragen, wie es in einem Statement auf der Webseite deutlich wird: "Mit dem Entschluss reagiert er (Kirchenvorstand, Anm. der Red) auch auf Bedenken und Einwände im Hinblick auf die Ausstellung", heißt es dort. "Zahlreiche Menschen fühlten sich in ihrem religiösen Empfinden verletzt." Das bedauere der Kirchenvorstand sehr.
Daneben habe es "allerdings auch ein erhebliches Maß an Hass, Hetze, Unterstellungen und unbelegten Vorwürfen" gegeben. Demnach sehe Kirchenvorstand "in dieser Atmosphäre von Verunsicherung, Verletzung und Wut aktuell keine Möglichkeit mehr, einen zielführenden und versöhnenden Diskurs zu führen". Er sei davon überzeugt, "dass eine Diskussion über Homosexualität und Kirche, über Queerness und weiterführende Fragen zur Sexualität in der Kirche geführt werden muss." Dabei appelliert er an die evangelische Landeskirche, sich mit den Inhalten und Fragen dieser Ausstellung zu beschäftigen und die Thematik fortzuführen.
"Im weltweiten Kulturkampf, den die organisierte Rechte auch nach Deutschland tragen will, haben wir hier ganz klar eine Auseinandersetzung verloren, indem auf die religiösen Sensibilitäten und Schamgefühle der bürgerlichen Mitte mehr geachtet wird, als auf die Erwartungen einer Minderheit, als ganze Menschen gesehen und akzeptiert zu sein – inklusive ihrer Sexualität", reagiert der Vorstand des Fördervereins Christopher-Street-Day Nürnberg e.V.. Und hofft auf und plädiert stark für ein Zusammenhalten der Gesellschaft, ein friedliches Zusammenleben. Demokrat:innen "dürfen sich nicht von einer kleinen lauten Menge durch Hassbotschaften zensieren lassen", appelliert das Komitee weiter.
Aktuell arbeiten Kulturpfarrer Thomas Zeitler und der CSD-Förderverein daran, einen neuen Ausstellungsort für "Jesus liebt" zu finden, damit Interessierte die Schau doch noch bis Ende der Pride Weeks in Nürnberg sehen können.