Sex mit Minderjährigen ist nicht immer illegal
10.06.2016, 06:00 Uhr
Die Paragrafen des Sexualstrafrechts stehen im 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches, "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" lautet die Überschrift und daran lässt sich schon einiges ablesen. Was der eine oder andere für unsittlich hält (bis 1973 hieß das Kapitel "Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit") kümmert den Staat heute nicht mehr. Unterschieden wird auch nicht zwischen hetero- und homosexuellen Handlungen.
Knutschen und Doktorspiele
Ob bezahlter Sex oder freiwillige Hingabe: Der Gesetzgeber schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, und für den Gesetzgeber beginnt die Sexualität, wenn der Mensch 14 Jahre alt ist. Bis zum 14. Geburtstag gilt man als Kind und wird besonderes geschützt – strafbar ist daher jede sexuelle Handlung an Kindern.
"Sexuelle Handlungen" an Kindern unter 14 Jahren gelten laut Paragraf 176 Strafgesetzbuch als "sexueller Missbrauch" und sind generell verboten – und zwar weitreichend: Bestraft wird nicht nur, wer sich an einem Kind vergreift. Man darf auch nicht vor dem Kind sexuell aktiv werden, strafbar ist bereits der Versuch. Auch Pornos dürfen Kindern nicht gezeigt werden.
Dass Kinder ihren eigenen Körper entdecken, weiß natürlich auch der Gesetzgeber: Jungen und Mädchen unter 14 Jahren machen sich mit "Doktorspielen" unter gleichaltrigen Minderjährigen nicht strafbar.
Knutscht ein Mädchen, das seinen 14. Geburtstag noch nicht gefeiert hat, leidenschaftlich mit seinem über 14 Jahre alten Freund herum, dürften bei den Eltern des Mädchens die Alarmglocken läuten.
Ob die Liebesbekundung bereits strafbar wäre, ist zumindest fraglich. Michael Hammer, Sprecher der Nürnberger Justiz, weist darauf hin, dass im Sinn des Gesetzes als strafbare sexuelle Handlungen nur solche erfasst werden, die von "einiger Erheblichkeit" sind.
Regeln für Schutzbefohlene
Handelt es sich um eine Liebesbeziehung zwischen nahezu Gleichaltrigen – etwa wenn beide mindestens 14 Jahre alt sind oder beide zwischen 16 und 18 Jahren – und den sexuellen Kontakt wirklich wollen, ist das rechtlich in Ordnung. Strafbar wäre, wenn ein 17-Jähriger eine 13-Jährige verführt.
Mit 18 Jahren ist man zwar volljährig, darf wählen und Autofahren, doch der Gesetzgeber differenziert weiter: Zwischen 18 und 21 Jahren gilt man als Heranwachsender.
Eine Person über 18 Jahre darf sexuelle Kontakte mit 14- oder 15-Jährigen haben – vorausgesetzt, es geht nicht um bezahlten Sex oder eine Zwangslage. Ist der Partner 21 Jahre oder älter, können sexuelle Kontakte nach Paragraf 182 als Missbrauch von Jugendlichen geahndet werden, wenn die "fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung" ausgenutzt wird, so das Gesetz.
Besondere Regeln gelten für Schutzbefohlene wie Schüler, Azubis oder Konfirmanden. Paragraf 174 verbietet Ausbildern, Betreuern oder Arbeitgebern sexuelle Kontakte mit Jugendlichen, da nicht nur die fehlende innere Reife des Minderjährigen, sondern auch dessen Zwangslage und Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird.
Sex mit unter 18-jährigen Schutzbefohlenen ist in solchen Fällen verboten – dies betrifft nicht nur Azubis, sondern beispielsweise auch leibliche oder angenommene Kinder unter 18 Jahren.
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