So lief der erste Transgender Day of Visibility in Nürnberg

1.4.2021, 15:17 Uhr
Rund 70 Menschen haben auf dem Magnus-Hirschfeld-Platz den ersten Nürnberger Transgender Day of Visibility gefeiert.

© Söllner Rund 70 Menschen haben auf dem Magnus-Hirschfeld-Platz den ersten Nürnberger Transgender Day of Visibility gefeiert.

"Trans Rights are Human Right" steht auf einem Demoschild, "Trans Ally" auf einem anderen. Rund 70 Menschen sind am Mittwochabend dem Aufruf des "Bündnis gegen Trans- und Homophobie in der europäischen Metropolregion Nürnberg" gefolgt. Sie haben sich auf dem Magnus-Hirschfeld-Platz an der Stadtmauer versammelt, um zum ersten Mal auch in Nürnberg den Transgender Day of Visibility zu feiern. Knapp 20 weitere Personen schauen live per Videostream zu.

Nicht alle von ihnen sind transgeschlechtlich, womit Menschen gemeint sind, die sich nicht oder nicht vollständig mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Auch sogenannte Cis-Personen sind gekommen, die mit dem Geschlecht ihrer Geburtsurkunde kein Problem haben. Sie hören als solidarische Unterstützer (im Englischen: Ally/Allies) zu, was die Transmenschen zu sagen haben.

Nürnberger Vordenkerin

Den Auftakt macht Tessa Ganserer, Landtagsabgeordnete der Grünen. 2018 hatte sie sich als Transfrau geoutet - als erste deutsche Abgeordnete überhaupt. Ganserer freut es einerseits, dass Transmenschen immer sichtbarer würden. Andererseits steige damit "auch unsere Verwundbarkeit". "Rechtsnationale" würden Transpersonen als neue Feinde entdecken und ihre Belange als "Gendergaga" verhöhnen.

Ganserer fordert deshalb Akzeptanz auch von der bayerischen Landesregierung - und eine Aufarbeitung der "Geschichte transgeschlechtlicher Menschen". Eine mutige Vorkämpferin aus Nürnberg sei etwa Helma Katrin Alter, "die sich jahrzehntelang für die Rechte von Transpersonen eingesetzt hat" und 2017 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde.

Aus der Gemeinde geworfen

"Ich begrüße euch mit einem Grüß Gott!", beginnt als nächstes Johannes Gottschalk vom queeren Zentrum Fliederlich zu sprechen. "Das hängt damit zusammen, dass ich ein Transmann bin, der zugleich gläubiger Christ ist." Doch "gerade in evangelikalen Kreisen" habe er "völlig negative" Erfahrungen gemacht. So sei er aufgrund seines Outings aus einer Gemeinde rausgeworfen worden. Inzwischen aber habe er eine andere Gemeinde in der bayerischen Landeskirche gefunden, wo er sich sehr wohl fühle und "als erster Transmann eine Segnung erhalten" habe.


Zwei Transmenschen erzählen von ihren Erfahrungen aus Nürnberg


Josefine Hammer von der Erlanger Linken erklärt hingegen, wann Transmenschen sichtbar und wann unsichtbar sind. Unsichtbar seien zum Beispiel "die vielen Ungeouteten". Werden Transmenschen dagegen sichtbar, könne dies ungewollt geschehen, etwa durch Behörden, die auf Geburtsurkunden ihren alten Namen in Erinnerung rufen. Hier fordert Hammer Gesetzesreformen. Eine gewollte Form von Sichtbarkeit sei der heutige Transgender Day of Visibility.

Das Geschlecht sitzt nicht zwischen den Beinen

Dessen Anliegen fasst am Ende die nicht-binäre, das heißt weder männliche noch weibliche Person Luca Fabièn Dotzler zusammen. "Wir wollen uns nicht wichtig machen. Wir wollen einfach nur leben!", sagt Dotzler. Es sei doch längst klar, dass das Geschlecht nicht zwischen den Beinen, sondern den Ohren sitze. "Lasst uns gemeinsam dieses alte Denken ablegen!"

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