Stammzellenspende: Wie ein Wacken-Fan zum Retter wurde

1.8.2019, 06:00 Uhr
Thorsten Schreiber ist Heavy-Metal–Fan und Spender. Beim "Wacken"–Festival hat er sich per Wattestäbchen und Wangenschleimhautabstrich bei der DKMS registrieren lassen. Fünf Jahre später spendete er im Nordklinikum tatsächlich Stammzellen.

© DKMS Thorsten Schreiber ist Heavy-Metal–Fan und Spender. Beim "Wacken"–Festival hat er sich per Wattestäbchen und Wangenschleimhautabstrich bei der DKMS registrieren lassen. Fünf Jahre später spendete er im Nordklinikum tatsächlich Stammzellen.

Das Wetter war schön. Daran erinnert sich Thorsten Schreiber noch ganz genau. "Und die Leute waren nett, also ließen wir uns registrieren", sagt er. Mit Freunden besuchte der 41-Jährige im Jahr 2014 "Wacken", das größte Heavy-Metal-Festival der Welt, und nutzte vor Ort die Gelegenheit, sich zwischen Bier und Musik am Stand der DKMS als potenzieller Stammzellspender registrieren zu lassen. Nicht ohne Folgen.

Vor einigen Wochen kam tatsächlich der Anruf. Schreibers Gewebemerkmale stimmen zu fast 100 Prozent mit denen eines Patienten überein. "Ich war überrascht, aber auch sofort sicher, dass ich es machen würde. Schließlich kann ich eventuell damit einem anderen Menschen das Leben retten", sagt Schreiber.

Kurz darauf sitzt er im Nürnberger Nordklinikum, angeschlossen an Schläuche und lässt sich Stammzellen entnehmen – sogar mit einem Lächeln. "Für mich war das keine große Sache", sagt der 41-Jährige. "Ich kann jedem, der noch nicht registriert ist, nur raten, es zu tun."

Junge Männer im Fokus

Seit mehreren Jahren ist die DKMS auf Veranstaltungen und Festivals mit einem Registrierungsstand vertreten. Nicht zuletzt, weil man hier am ehesten die Menschen erreicht, die mit der – statistisch gesehen – größten Wahrscheinlichkeit einmal Spender werden: junge Männer.

 

 

 

"Natürlich sind wir froh über jeden, der sich registrieren lässt. Egal wie alt oder welches Geschlecht. Aber junge Menschen stehen natürlich länger zur Verfügung und Frauen fallen leider zum Beispiel nach einer Schwangerschaft häufig wieder durch das Raster", erklärt Emrah Kilic, Pressesprecher bei der DKMS. Neben Registrierungsständen auf Festivals setzt die DKMS aber vor allem auf die sogenannten Patientenaktionen.

Enormer Aufwand, hohe Kosten

"Die Menschen brauchen Gesichter und Schicksale um zu spenden", weiß Kilic. Schicksale wie das von Björn. Der 36-jährige Nürnberger ist an Blutkrebs erkrankt. Die einzige Überlebenschance des zweifachen Vaters: eine Stammzellspende. Seine Arbeitskollegen sind aktiv geworden und haben eine Typisierungsaktion organisiert, an der sich 161 Menschen beteiligt haben. "In ganz Deutschland veranstalten wir jährlich rund 1000 solcher Patientenaktionen", so Kilic – Tendenz steigend.

Jede Registrierung eines neuen Spenders kostet die DKMS 35 Euro, der Aufwand ist enorm. "Unsere Kosten sind natürlich meist höher als die Geldspenden, die wir vor Ort erhalten", sagt Kilic. Mit Benefizveranstaltungen und Fundraising gleicht die DKMS die übrigen Kosten aus. "Die Registrierungsaktionen lohnen sich aber trotzdem – vor allem für den Patienten", sagt Kilic und stellt aber auch klar: "Von 100 registrierten Personen spendet nur einer irgendwann in den nächsten 10, 15 oder 20 Jahren."

Lebensretter zwischen Bier und Musik

Die Zahlen aus der Stadt belegen das: 28.107 Nürnberger sind bei der DKMS registriert, davon wurden 291 Personen bislang Stammzellen entnommen. Bayernweit ein ähnliches Bild: Von 932.874 Registrierten kamen 10.687 als Spender infrage.

Seit Gründung der DKMS im Jahr 1991 haben sich weltweit 7,8 Millionen Menschen in die Kartei aufnehmen lassen. Über 600 Mitarbeiter aus 20 Nationen setzen sich dafür ein, Blutkrebspatienten eine zweite Lebenschance zu ermöglichen – mit Hilfe von Menschen wie Thorsten Schreiber, der an einem sonnigen Tag zwischen Bier und Musik entschieden hat, Lebensretter zu werden.

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