Abschied am Schaufenster

Handwerksbäckerei in Nürnberg muss nach 90 Jahren schließen - Nachfolger steht bereits fest

Theresa Neuß

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29.04.2025, 18:09 Uhr
Seit 1930 betreibt die Familie Walzel das Bäckerhandwerk.

© Erika Balzer Seit 1930 betreibt die Familie Walzel das Bäckerhandwerk.

In der dritten Generation war der kleine Handwerksbäcker im Norden Nürnbergs eine Back-Institution. Heute steht der Laden leer. Zwei Zettel am Schaufenster erzählen die Geschichte über das Ende des Traditionsbäckers.

„Mit Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass der Verkauf am Gründonnerstag das letzte Mal geöffnet hat“, schreiben die ehemaligen Betreiber des Nordstadtbäckers an ihrer Eingangstür in der Pirckheimerstraße. „Seit Bau dieses Hauses und der Ersteröffnung im Jahre 1959 war der Bäckereiladen nie wirklich geschlossen“, schreibt die Betreiber-Familie Walzel weiter und bedankt sich bei der Stammkundschaft.

Bäcker-Tradition in der dritten Generation

Bereits 1930 öffnete Walzels Großvater Richard Walzel im damals tschechoslowakischen Braunau sein erstes Backhaus. Nach der Vertreibung der Familie nach Kriegsende baute Familie Walzel in Fürth ihre neue Bäckerei auf und expandierte weiter in die Nürnberger Nordstadt. 1987 übernahm Uwe Walzel in der dritten Generation das Familien-Backhaus, modernisierte es und begann Hotels, Gastronomen und Schulen mit seinen Backwaren zu beliefern - das Geschäft boomte.

Zusammenschluss und Ende der Nordstadtbäcker

2018 schlossen sich schließlich die drei Familienbäckereien Walzel, Albert und Döllner zu den "Nordstadt-Bäckern" zusammen. Gebacken wurde nun nicht mehr vor Ort, sondern zentral von den beteiligten Handwerksbetrieben. Ende 2022 hat Uwe Walzel krankheitsbedingt aufgehört zu arbeiten, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt. Kurz vor Weihnachten 2024 stellte auch die Familie Döllner die Belieferung ein. Seitdem war allein die Bäckerei Albert für die Versorgung der Filiale zuständig.

Doch an Gründonnerstag folgte dann die traurige Nachricht: Auch Familie Albert zieht sich zurück – der „Nordstadt-Bäcker“ muss schließen. „Albert hat das allein nicht mehr tragen können“, verrät Walzel im Gespräch mit unserer Redaktion. Auf dem Abschiedsbrief an die Kundschaft ist außerdem von Fachkräftemangel und erheblichen Umsatzeinbußen durch Baustellen vor dem Ladenlokal die Rede. Die Familie Walzel selbst war in die Entscheidung zur Schließung nicht eingebunden, da sie nur noch als Verpächter fungierte.

Nachfolger in den Startlöchern

Umso mehr freue es sie, dass bereits ein neuer Pächter in den Startlöchern steht: Ab dem 12. Mai will die Firma Rauscher sich selbstständig machen und den Betrieb übernehmen – ebenfalls ein Backwarenhandel, der sich beliefern lässt. Die Familie Walzel unterstützt den Neustart mit vergünstigter Miete und wünscht dem neuen Pächterteam „alles erdenklich Liebe", erklärt Walzel.

Die beliebten Brotbackkurse von Uwe Walzel sollen unabhängig von der Nordstadt-Bäcker-Filiale weiterhin stattfinden. Auch die Backstube hinter dem Verkaufsraum in der Pirckheimerstraße könnte wieder in Betrieb kommen. Laut Walzel gibt es bereits einige Interessenten, die überlegen, dort künftig wieder Backwaren für den Verkauf herzustellen. Konkrete Pläne gebe es allerdings noch nicht, betont Walzel.

Was ist der Grund für das „Bäckersterben“?

Was manche das „große Bäckersterben“ nennen, ist für andere nichts anderes, als ein unumkehrbarer Strukturwandel. Friedemann Berg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks erklärt gegenüber der Deutschen Handwerkszeitung das Phänomen:

Heutzutage ginge der Trend zunehmend zu zentralisierten Produktionsstätten, die ein lokales Filialnetz beliefern. Dabei werden oft bestehende Traditionsbetriebe übernommen und in das Filialsystem größerer Bäckereien integriert.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde nachträglich aktualisiert. Ergänzt wurden Informationen zum Nachfolger sowie eine Klarstellung zur Unabhängigkeit der Nordstadt-Bäcker von den Angeboten der Familie Walzel.