Wohnungsbericht: Nürnberg wächst kaum noch

4.12.2020, 13:35 Uhr
Hier in der Friedenstraße entstehen – wie an vielen Stellen der Stadt – geförderte Wohnungen. Auch damit will Nürnberg den Wegzug von Familien stoppen.

Hier in der Friedenstraße entstehen – wie an vielen Stellen der Stadt – geförderte Wohnungen. Auch damit will Nürnberg den Wegzug von Familien stoppen.

Im vergangenen Jahr ist Nürnberg kaum noch gewachsen, nur 140 Menschen zogen zusätzlich in die Frankenhauptstadt. Die besten Chancen, schnell eine neue Bleibe zu finden, haben Familien als Drei-Personen-Haushalt. Rund 100 Wohnungen, die im letzten Jahr beispielsweise an Touristen vermietet wurden, sind wieder auf dem Markt – der Wohnungsbericht 2019 der Stadt Nürnberg zeigt, dass es zu wenig Wohnungen gibt, und dass die Stadt um jede einzelne kämpft.

Eine Satzung, mehr Wohnraum

So hat Nürnberg im Mai 2019 eine "Zweckentfremdungsverbotssatzung" erlassen. Damit kann die Stadt beispielsweise dem Eigentümer verbieten, seine Wohnung über Airbnbn zu vermieten. So soll die Wohnung wieder dem Markt zur Verfügung stehen.

Herzlich willkommen? Nicht in Wohnungen, die „zweckentfremdet“ sind und über die Plattform Airbnb an Touristen vermietet werden, hat die Stadt beschlossen.

Herzlich willkommen? Nicht in Wohnungen, die „zweckentfremdet“ sind und über die Plattform Airbnb an Touristen vermietet werden, hat die Stadt beschlossen. © Foto: dpa

Was sich auf dem Papier gut anhört, erweist sich im Alltag als schwieriges Unterfangen: Zunächst einmal muss die Stadt dem Vermieter nachweisen, dass er seine Wohnung "zweckfremd" nutzt. Dazu gehört aber ganz ausdrücklich nicht der Fall, dass eine ganze Familie Homeoffice macht und so möglicherweise mehr als 50 Prozent der Gesamtfläche gewerblich nutzt.


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Die Mitarbeiter schauen also im Internet, ob Touristen eine Wohnung angeboten wird, und müssen herausfinden, wo sich diese wohl befindet. Dann wird an der Haustür geläutet, Nachbarn werden ausgefragt. Oft folgt noch ein Rechtsstreit. "Wir haben keinen einzigen verloren", weiß Britta Walther. Sie ist im Wirtschaftsreferat für den Stab Wohnen zuständig.

Während die Bevölkerung in Nürnberg wächst, nimmt die Zahl geförderter Wohnungen seit 2010 ab. 

Während die Bevölkerung in Nürnberg wächst, nimmt die Zahl geförderter Wohnungen seit 2010 ab.  © NN-Grafik

Die Ausbeute: 100 Wohnungen. Klingt mager angesichts der Berechnungen, dass Nürnberg bis 2025 rund 2000 neue Wohnungen braucht. Dennoch kämpft die Stadt um jede einzelne Bleibe. Und: "Wir haben Kenntnisse von 600 weiteren Vorgängen", sagt Walther.

Die Stadt braucht einen langen Atem, im Baugeschäft zeigen sich selten schnelle Ergebnisse. 2019 genehmigte Nürnberg 2343 Bauanträge, ein Jahr zuvor waren es nur 1550. Fertiggestellt wurden im vergangenen Jahr 961 Bauten, 2018 waren es noch 1161.


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Unterdessen steigen die Mieten unablässig weiter, der Quadratmeterpreis liegt inzwischen bei 7,98 Euro. Zehn Jahre zuvor betrug er noch 5,83 Euro. Dementsprechend wächst der Kreis jener, die auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum sind. Wenn eine Familie nach einer neuen Bleibe sucht, hat sie die besten Chancen, wenn sie möglichst klein ist.

Warten auf eine Bleibe

"Drei-Personen-Haushalte haben die besten Chancen, schnell eine Wohnung zu bekommen", weiß Sozialreferentin Elisabeth Ries. Die Vormerkdauer ist bei einem "erheblichen Teil" der Menschen, die eine geförderte Wohnung beziehen dürfen, auf rund eineinhalb Jahre gestiegen. Ein Drittel dagegen kann schon innerhalb zwölf Monaten umziehen.

Kein Wunder, dass immer mehr Familien der Stadt den Rücken kehren. Mittlerweile verliert Nürnberg jährlich etwa 15.000 Haushalte mit kleinen Kindern ans Umland. Abgelesen wird das am Fortzug der jeweiligen Altersgruppen aus der Stadt, demnach ist der bei den unter Sechsjährigen höher als bei den anderen Altersgruppen.


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Um dieses Ausbluten zu verhindern, setzte die Stadt 51,4 Millionen Euro ein, um den Wohnungsbau zu fördern. 2018 waren es noch mehr als 70 Millionen Euro. Einen Grund für den starken Rückgang gibt es nicht, so Ries: "Wenn mehr beantragt wird, wird eben mehr bewilligt".

Trend gestoppt?

Möglicherweise stoppt der enge Wohnungsmarkt den Trend der vergangenen Jahre, der die Frankenhauptstadt immer größer und dichter werden ließ. Lebten 1988 noch 480.000 Menschen in Nürnberg, wuchs die Einwohnerzahl beständig bis auf 535.886 im letzten Jahr. Das ist viel, doch bei genauer Betrachtung sind das nur 0,03 Prozent mehr als 2018.

140 Personen zogen zusätzlich nach Nürnberg – so wenige wie noch nie in den letzten Jahren. Vor allem Menschen mit einer nichtdeutschen Staatsbürgerschaft wollten in die Stadt. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung machen Ausländer nun einen Anteil von 24,91 Prozent aus.

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