Goldschmuck und 600 Kilo Nägel für die Kirche
14.10.2010, 22:59 Uhr Im Jahr 1934 gab es die ersten Pläne für eine Autobahn am Dorf vorbei, und Kuratus Hans Teckenberg nahm sie 1946 sofort mit in seine Argumentenliste, warum das Dorf eine Kirche braucht: Ihm schwebten vier mächtige Turmkreuze vor, die den Autofahrer „von Norden oder Süden kommend“ einen „glänzenden Hoffnungsstrahl“ geben.
In schwülstigen Worten warb er um Spenden für das später 196000 Mark teure Bauwerk, dessen Turm 1969 noch einmal 200000 Mark verschlang. Wie viel Geld das im August 1949, dem Jahr der Grundsteinlegung, bedeutete, zeigt der Stundenlohn. Er lag bei einer Mark. Fertig wurde die Kirche im Herbst 1950.
Teckenberg wollte „nicht irgendeine Kirche“, sondern ein Haus „ganz im liturgischen Geist gestaltet“ und dem Heiligen Thomas von Aquin geweiht. Ihn verehrte er persönlich.
Wie in der Sardinenbüchse
Hans Teckenberg begründete den Bau gegenüber seinem größten Geldgeber, dem Bistum, mit der Platznot in der Schlosskirche. Von 400 Gläubigen kamen dort sonntags nur 150 unter. Der Rest stand im Hof: „Ich muss die Geduld der Leute bewundern, die eineinhalb bis zwei Stunden wie in einer Sardinenbüchse gedrängt treu ausharren. Wenn ich als Laie in Trockau leben müsste, würde ich mich automatisch von der Sonntagspflicht enthoben betrachten, denn es kann mir nicht zugemutet werden, regungslos eingekeilt zu stehen, von der unerträglichen Stickluft abgesehen, die Kinder zwingt, vorzeitig die Kirche zu verlassen.“ Draußen würden diese dann nur Unfug treiben.
Teckenberg hatte einmal einen Rheinländer in der Kirche, der seine Reise zuvor im überfüllten D-Zug Köln—Nürnberg auf der Toilette verbringen musste. Als er dann in der Schlosskirche stand, unfähig, auch nur eine Hand zu heben, um das Gebetsbuch aufzuschlagen, sehnte er sich in die Enge des D-Zugs zurück.
Aber die Kirchenpläne waren problematisch. Teckenberg hatte zwar vom Erzbischof mündlich die Aufforderung erhalten, Pläne zu entwerfen, als er ihm einmal in Pottenstein seine Not geschildert hatte. Aber dagegen sprachen die Nachkriegszeit mit ihrer Materialnot, die unwillige Münchner Bürokratie (die eher oberbayerische oder eigene Entwürfe förderte) und der überdimensionierte, romantische Teckenberg-Kirchenwunsch.
Zudem wollte der Schlossherr, Philipp Groß von Trockau (der Teckenberg nicht leiden konnte) sein Patronat für die Kirche behalten. Aber Teckenberg dachte patronatsfrei. So kam es zu einem Streit, den Bamberg schlichten musste. Der Baron erhielt als Ausgleich einen eigenen Kirchenstuhl und gab daraufhin Bauholz aus seinen Wäldern.
Drei Seiten der Kirche sollten aus Sandsteinquadern errichtet werden. Sie wurden in Vorderkleebach gebrochen und wogen bis zu drei Zentner. Mit zweirädrigen Trollwagen schoben Frauen diese auf einer Gerüstschräge hoch. Oben nahm sie ein Mann auf den Rücken und sie wurden eingepasst.
Ins Innere kamen Klinker, vermutlich von Hans Teckenberg angeregt, der solche Kirchen aus seiner Magdeburger Heimat vor Augen hatte.
Die Decke sollte innen ursprünglich flach abgeschlossen werden. Aber weil genug Bauholz war, blieb das Dach offen. Teckenberg ließ es außen mit lasierten Klinkerziegeln decken. Doch schon nach drei Jahren mussten sie ersetzt werden, weil Regen durchkam. Es kamen 48000 neue Ziegel, die unter der Mithilfe von Schulkindern hochgetragen wurden.
Junger Architekt
Hans Teckenberg hatte den jungen Ansbacher Architekten Gerhard Dittrich gewählt, mit dem er sich gut verstand (und dem er immer wieder Benzinrationen zuschusterte, damit er überhaupt herfahren konnte), weiter Baumeister Michael Kolb aus Muthmannsreuth. Den Einwänden seiner Kirchenverwaltung gab er keine Chance, die erkannte, dass ihr Kuratus mehr der Schönheit zugetan war als der Bausicherheit.
Gerhard Dittrich ließ alle seine Beziehungen spielen (einmal gabelte er zum Beispiel 600 Kilo Nägel für Trockau auf), aber er musste mit ansehen, wie Münchner Eigenpläne für die Tüchersfelder Kirche vorgezogen wurden und wie sein Entwurf als zu künstlerisch abgeblockt wurde. Teckenberg stöhnte in Briefen auf: Er wolle keinen „viereckigen Scheunenbau“. „Ich gebe meinen Namen für ein Pfuschwerk nicht her.“ Aber am Ende musste er nachgeben.
Spendensammeln in USA
Lehrer Hans Fischer betreute die Geldabrechnungen. Der Kuratus kümmerte sich um Spenden. Einmal gingen 4000 Dollar aus Amerika ein. Teckenberg sah dies als gutes Zeichen und fuhr in die USA, um noch mehr zu holen. Aber es klappte nicht.
In seiner Abwesenheit setzte das Bistum Anfang 1953 einen Kaplan aus Coburg ein. Dies ärgerte Teckenberg so, dass er bei seiner Rückkehr aus den USA zur Pfarrei Kemmern wechselte. Er war sowieso schwer enttäuscht, weil beim Kirchenbau zu viel geschlampert worden war und Architekt Gerhard Dittrich kaum mehr auftauchte. Dieser hatte sich anfangs bei ihm eingeschmeichelt, dass er nicht nur des Geldes wegen arbeite, sondern aus innerem christlichen Anliegen Kirchen entwerfe.
Teckenberg bekam auch keine ihm würdige Abschiedsfeier — schließlich hatte er diesen großen Traum von einer Art Kloster auf diesem Ex-Friedhof gehabt, mit Aussichtsplattform unter dem Dach des wuchtigen Kirchturms.
Hans Teckenberg war ursprünglich evangelisch gewesen und Musiker. Eine schwere Depression führte ihn zu Thomas von Aquin und in den Pfarrberuf. 1938 traf er in Trockau ein, plante die Kirche als „Pforte des Himmels“ mit „hohem Turme“ — und hatte am Ende kein Geld für diesen Turm. Er blieb für 19 Jahre als Stumpf stehen, mit einem kleinen Dachreiter und geborgter Glocke. Sie sollte später in die Kapelle von Steifling.
Auch das Harmonium war geliehen, was Teckenbergs Nachfolger nicht wusste. Er bekam plötzlich Mietforderungen. Am Ende kaufte er bei Steingraeber für 1500 Mark eine Zimmerorgel.
Todesmutiger Einsatz
Trockaus Lehrer Manfred Digmayer schreibt in der Kirchenchronik, dass es der „persönlichen Courage einiger weniger Trockauer“ zu verdanken ist, dass der 35 Meter hohe Turm schließlich noch in Angriff genommen wurde. Um das Kreuz mit der Kugel aufzusetzen, habe Schmied Franz Löhr einen „todesmutig zu nennenden Einsatz“ gewagt. 1988 wurde der Turm renoviert und bekam ein anderes Spitzdach.
Zwei Jahre dauerte es, um eine Sakristei zu schaffen. Es ist die heutige moderne „Winterkirche“ im Osten, damals von den Trockauern in Hand- und Spanndiensten unterkellert. Trotzdem kostete sie 700000 Mark. Geweiht wurde Ende 1985.