Landwirte in Not: Darum stehen im Landkreis grüne Kreuze

Kilian Trabert

Online-Redakteur

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17.10.2019, 18:14 Uhr
Landwirte in Not: Darum stehen im Landkreis grüne Kreuze

© Foto: Ralf Münch

Wie es weiter gehen soll? Christoph Rupprecht zuckt mit den Achseln. Auf diese Frage hat er noch keine Antwort gefunden. Klar ist nur eines: So wie es jetzt ist, wird es nicht mehr lange funktionieren.

Darum stehen die grünen Kreuze auf den Feldern

Der 31-jährige Landwirt aus Ohrenbach ist einer der Landwirte, die derzeit grüne Holzkreuze auf ihren Äckern und Wiesen aufgestellt haben. Es ist ein Zeichen des Protests – und ein stummer Schrei nach Hilfe.

"Die Situation ist angespannt", sagt Rupprecht. Und korrigiert sich sofort: "Sehr angespannt. So sehr, dass man überlegen muss, ob man noch weiter machen kann."

Grüne Kreuze: Vorgaben bringen Landwirte in Not

Gemeint sind die Vorlagen und Regeln der Politik, die nach Meinung der Landwirte immer strenger werden – und nun ein kritisches Maß erreicht haben. "Wir müssen auf die Artenvielfalt achten, die Regulierungen für das Tierwohl werden immer strenger und Grenzwerte für Düngemittel immer weiter reduziert", klagt Rupprecht.

Dabei will sich der Landwirt, der den Familienbetrieb mit 70 Kühen und gut 70 Hektar Land leitet, nicht falsch verstanden wissen: "Ich lege sehr viel Wert auf das Tierwohl", allerdings müsse die gestiegene Qualität auch bezahlt werden – und dafür sind seiner Ansicht nach nur die wenigsten bereit.

"Die Leute schreien nach Tierwohl, kaufen aber nur die billigste Milch"

Am Beispiel der Milchpreise erklärt er das Problem: Für den deutschen Markt gebe es aber immer mehr Vorgaben, beispielsweise zur Gentechnik, zur Haltung angebunden im Stall oder zur Größe des Auslaufs der Tiere. Dadurch werden die Produktionskosten immer höher.

Wenn gleichzeitig der Preis steigen würde, wäre das kein Problem – doch es ist genau anders herum: "Wir nehmen sehr viel Geld in die Hand, aber die Milchpreise gehen immer weiter runter", so Rupprecht.

"Die Leute schreien nach Tierwohl, kaufen aber nur die billigste Milch. Beim neuen Auto ist das Geld egal, denn das sehen ja die Nachbarn. Was ich aber für Essen ausgebe, sieht keiner."

Grüne Kreuze: Für die Aktion gibt es einen Anlass

So wie er sehen das viele Landwirte. Initiator der Aktion ist der Nebenerwerbslandwirt und Agrarblogger Willi Kremer-Schillings, in den sozialen Netzwerken besser bekannt als "Bauer Willi". Er stellte das erste grüne Kreuz auf als Reaktion auf das Agrarpaket der Bundesministerinnen Svenja Schulze (SPD) und Julia Klöckner (CDU), das die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen soll. Nach ersten Schätzungen sind mittlerweile über 10.000 Landwirte seinem Beispiel gefolgt.

Maria Regn hat sich hingegen bewusst gegen das Aufstellen eines Kreuzes entschieden – obwohl die Auerbacher Ortsbäuerin die Forderungen voll unterstützt. Sie glaubt aber, dass keiner nachvollziehen kann, wofür die Kreuze überhaupt stehen: "Wenn das nicht besser erklärt wird, wissen die Leute nicht Bescheid. Man müsste eine ganze Kampagne starten."

"Bin schon auf der Straße angesprochen worden"

Immerhin, ein Anfang ist gemacht. "Ich bin schon auf der Straße auf das Kreuz angesprochen worden", so Rupprecht. Wenn auch nicht immer ganz so, wie geplant: "Manche fragen auch, ob wir dort eine Katze vergraben haben."

Anders als diese Fragen, kann er den Blick in die Zukunft nicht mit Humor nehmen – dafür steht zu viel auf dem Spiel: "Es gibt genügend Junglandwirte, die nebenbei arbeiten müssen, weil es sonst einfach nicht reicht." Genauso wie er selbst. Der 31-Jährige ist voll berufstätig, vor und nach der Arbeit sowie am Wochenende kümmert er sich um den Hof und die Tiere. Seine drei Geschwister und die Eltern helfen dabei, so gut sie können.

Wie geht es mit dem Betrieb weiter? 

Trotz dieses Zusammenhalts ist nicht klar, wie lange sie ihren Betrieb noch aufrecht erhalten können. "Die Investitionen liegen erstmal auf Eis", sagt Rupprecht. "Wachsen oder weichen" – diese Weisheit aus der Landwirtschaft wird für viele kleineren Höfe nun zur bitteren Realität. "Wir machen erst einmal weiter", sagt er. "Aber irgendwann wird eine Entscheidung getroffen werden müssen."

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