Diskussion über Abschuss

Der Wolf ist angekommen im Altmühltal: LBV sieht Hirten und Landwirte in der Pflicht

23.8.2023, 17:00 Uhr
Ein Wolf - hier in einem Gehege. In Bayern leben immer mehr Wölfe, im Landkreis Eichstätt ist die "dauerhafte Anwesenheit" eines Tieres nachgewiesen. 

© Boris Roessler, dpa Ein Wolf - hier in einem Gehege. In Bayern leben immer mehr Wölfe, im Landkreis Eichstätt ist die "dauerhafte Anwesenheit" eines Tieres nachgewiesen. 

Tauchen in Bayern Wölfe auf und reißen Nutztiere, werden umgehend Stimmen nach einem "konsequenten Management" laut, was in der Regel mit einer Forderung nach einem Abschuss gleichzusetzen ist. Dies ist auch in der aktuellen Diskussion um Risse durch das bei Eichstätt ansässige Wolfsrudel der Fall, schreibt der Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) in einer Pressemitteilung und fordert: "Der Abschuss eines Wolfs ist in den meisten Fällen überhaupt nicht notwendig und kann stets nur die allerletzte Lösung sein."

EU kompensiert Schäden und ermöglicht Herdenschutz

"Stattdessen haben wir in Bayern einen gut ausgearbeiteten Managementplan mit verschiedenen Stufen, der den Tierhaltern andere Möglichkeiten bietet, ihre Tiere vor Übergriffen durch Wölfe zu schützen", betont Dr. Andreas von Lindeiner, Landesfachbeauftragter Naturschutz des LBV mit Sitz im mittelfränkischen Hilpoltstein.

So gibt es für den Herdenschutz in einer staatlich ausgewiesenen Gebietskulisse inzwischen eine Investitionsförderung. Außerdem hat die EU Ende 2018 die Richtlinien für staatliche Hilfen für die Landwirtschaft angepasst und damit die vollständige Kompensation sowohl von Schäden, die von großen Beutegreifern wie dem Wolf verursacht werden, sowie von Maßnahmen zum Herdenschutz ermöglicht. Die Abwicklung erfolgt über das für den Tierhalter jeweils zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF).

Elektrozaun und Hunde gegen Wolfsrisse

Zu präventiven und effektiven Herdenschutzmaßnahmen gehören Elektrozaun, Herdenschutzhunde und Hirten. Und auch wenn die Umsetzung nicht immer einfach und in manchen Alpengebieten undurchführbar sein möge, sei sie in den allermeisten Gebieten möglich und wird vom Staat bezahlt, so der LBV. Auch im aktuellen Fall hatte das für den Landkreis Eichstätt zuständige AELF Ingolstadt-Pfaffenhofen bereits im August 2021 allen Weidetierhaltern Informationsangebote unterbreitet. "Wie sich herausgestellt hat, haben längst nicht alle Tierhalter dieses Angebot auch angenommen und ihre Tiere wirksam vor Wolfsübergriffen geschützt", so der LBV-Wolfsbeauftragte Willi Reinbold, der im Landkreis Eichstätt lebt. "So musste es zu Rissen kommen, die wohl vermeidbar gewesen wären."

Nachdem die dauerhafte Anwesenheit eines Wolfes in einem Gebiet, wie im Landkreis Eichstätt, bestätigt wurde, sieht die Regelung vor, dass Tierhalter ein Jahr Zeit haben, Förderung für Schutzmaßnahmen in Anspruch zu nehmen. Danach entfällt bei Rissen ungeschützter Tiere der Anspruch auf Entschädigung.

Unter Fachleuten sei, so von Lindeiner, völlig unumstritten, dass nur flächendeckender Herdenschutz die Weidetiere schützen kann. "Wölfe als Sündenböcke abzustempeln, wenn Herdenschutz nicht umgesetzt wird und stattdessen den Abschuss zu fordern, hilft niemandem. Vielmehr muss endlich dem bayerischen Wolfs-Aktionsplan die Chance gegeben werden, sich zu bewähren", fordert von Lindeiner.

Schutz von Wölfen in der EU vorgeschrieben

Grundlage für den Schutz des Wolfes ist die FFH-Richtlinie der EU. Ihr zufolge muss jeder Mitgliedstaat dafür sorgen, dass in Europa streng geschützte Arten – und dazu gehört der Wolf - in einen günstigen Erhaltungszustand gebracht werden, der für Deutschland noch nicht erreicht ist. Die FFH-Richtlinie, ergänzt durch grundsätzliche Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, ermögliche auch Abweichungen vom strengen Schutzregime.

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