Fast 300.000 Follower: Friseur aus Roth wird zum Internet-Star

11.10.2020, 13:11 Uhr
Vor dem Bild zusammen mit seiner Mama Nerim: Cenk Yesil in seinem Salon in Hilpoltstein.

Vor dem Bild zusammen mit seiner Mama Nerim: Cenk Yesil in seinem Salon in Hilpoltstein.

Auf verschiedenen Sozialen Kanälen wie Facebook, Instagram oder Tiktok haben Sie insgesamt etwa 300 000 Fans aus der ganzen Welt. Diese versorgen Sie mit Videos, Informationen und Einblicken rund um den Friseuralltag. Haben Sie überhaupt noch Zeit, Haare zu schneiden?
Ich bin ganz normal Vollzeit im Salon, habe aber einen Tag verkürzt, weil ich ja noch meine Seminare gebe. Wir drehen die Videos mit Einverständnis der Kundinnen im Salon. Bis vor einem Jahr habe ich die Videos selber geschnitten. Mittlerweile ist meine liebe Freundin Aylin im Unternehmen angestellt und schneidet die Videos für alle Plattformen. Meine Mutter Nerim ist die Chefin im Laden, wir sind sozusagen ein kleiner Familienbetrieb.

War es von Anfang an das Ziel, diese Fangemeinde aufzubauen?
Mein Ziel war es, größer zu werden und mehr zu erreichen. Heutzutage ist es wichtig – egal in welcher Branche – über Social Media viel Reichweite aufzubauen. Reichweite ist ein ganz wichtiger Punkt, weil sie für Firmen und Partner attraktiv macht. Außerdem mag ich es einfach, diese Sachen zu teilen. Ich mache Haare, das kommt von Herzen und das möchte ich auch posten. Mit ungefähr 19 Jahren habe ich aktiv damit begonnen. Das erste Jahr ist dann erst mal gar nichts passiert. Mit der Zeit haben aber immer mehr Menschen Gefallen an den Postings gefunden.

"Instagram gibt mittlerweile krass den Ton an"

Früher holte man sich Inspiration aus dem Fernsehen oder aus Zeitschriften. Heute gibt Instagram den Ton an. Welchen Einfluss hat das Netzwerk auf Haar-Trends?
Ich glaube, den allergrößten bisher. Wenn wir auf Seminaren sind und uns mit anderen Friseuren unterhalten, sagen die, dass viele Kundinnen Bilder von Instagram als Inspiration zeigen. Auch Techniken oder Trends kommen über die App. Nicht wie früher, als große Firmen geplant und gezielt diese Trends vorgaben. Jetzt können auch einzelne Personen ihre kreativen Ideen in der Öffentlichkeit zeigen.

Diese Person muss dann nicht hunderte Sponsoren im Rücken haben. Wenn eine interessante Haartechnik gezeigt wird, kann das von vielen Seiten geteilt werden. Es ist verrückt, dass sich fast jeder seine Inspiration mittlerweile im Internet holt. Ein Beispiel dafür ist die breite, blonde Kontur bei Influencerin Kylie Jenner. Instagram gibt mittlerweile wirklich krass den Ton an.

Sie sagen über sich selber, dass Sie Haare lieben. Warum?
Ich habe einfach Bock drauf. Ich liebe meine Arbeit, obwohl ich sie nicht als Arbeit sehe. Ich bin jetzt im neunten Berufsjahr und habe bis jetzt nicht das Gefühl, dass es Arbeit ist. Ich komme gerne in den Salon und treffe nette Menschen, die cool drauf sind. Dieses eine "Warum" gibt es nicht. Außerdem liebe ich Farben. Farben sind meine Welt. Vor allem Farbenlehre und Kontraste. Erst gestern habe ich wieder bunte Haare gefärbt. Ich liebe Haare einfach. Man sagt ja auch: "Haare sind die einzige Krone, die man niemals abnimmt".


Star-Friseur Marcel Schneider: So liefen die solidarischen Haarschnitte


Was bedeuten Haare für den Menschen?
In erster Linie sind Haare aus biologischer Sicht abgestorbenes Zellmaterial. Aber sie machen eben doch viel aus. Eine Kundin hat es neulich gesagt: Haare sind einfach enorm wichtig.

Ein Kleidungsstück, das nicht passt, kann man einfach wechseln, aber wenn die Haare nicht passen, dann fühlt man sich nicht wohl. Außerdem kann man mit Haaren seine Persönlichkeit und Charakter ausdrücken. Haare sagen schon viel aus.

Achten Sie an der Supermarktkasse auf die Haare der Person vor Ihnen?
Ich versuche es nicht zu tun. Ich mag es allgemein nicht, wenn man andere verurteilt, nicht nur im Friseurberuf. Deshalb will ich eher nicht darauf achten. Aber natürlich, wenn man den ganzen Tag mit Haaren arbeitet, fällt der Blick automatisch immer mal wieder darauf. Wenn ich unterwegs bin und tolle Haare sehe, spreche ich das auch mal an, selbst wenn die Person nicht bei mir im Salon war. Man kann das wertschätzen.

Auf vielen Videos zeigen Sie Typveränderungen, manchmal in allen Farben des Regenbogens. Werden die Menschen mutiger?
Es gibt dank Social Media meiner Meinung nach schon die Entwicklung, dass immer mehr Menschen ihr eigenes Ding machen und sie selbst sind. Ich merke das bei Kundinnen, die sich zum Beispiel lange Haare extrem kurz schneiden lassen und einfach Lust auf Veränderung haben.

Gibt es einen Haartrend, den Sie niemals verstehen werden?
Wenn ich das jetzt ausspreche und es kommt wieder in Mode, dann wird es peinlich für mich. Wenn ich aber etwas nennen müsste, dann wäre es aber wohl der Vokuhila (lacht).

In der Corona-Zeit durfte in der Friseur-Branche wochenlang nicht gearbeitet werden. Wie haben Sie diese besondere Zeit erlebt? Sechs Wochen Zwangsurlaub waren nicht schön. Ich habe in der Zeit kostenlose Online-Seminare für andere Friseure gegeben, einfach aus Solidarität. Wir haben ja alle gelitten.

Viele Menschen haben sich in der Zeit selber die Haare gefärbt und geschnitten. Ist das eine Beleidigung des Handwerks?
Ich persönlich habe mich davon in keiner Weise gekränkt gefühlt. Die komplizierten Farbverläufe kann man zwar zu Hause versuchen, aber wir müssen sie dann im Nachhinein ausbessern (lacht). Auch da sage ich, jeder soll sein eigenes Ding machen. Ich habe in der Zeit kein einziges Mal meine Haare geschnitten oder gefärbt. Ich dachte mir, wenn meine Kundinnen nicht drankommen, dann lasse ich es auch. Irgendwann hingen mir die Haare über die Ohren und das Blond war herausgewachsen. Aber ich habe auf Instagram dazu gestanden, um zu zeigen: Wir sitzen alle im selben Boot.

Keine Kommentare