Fahrlässige Tötung: Schwabacher zu 1500 Euro Strafe verurteilt
25.08.2020, 15:04 UhrAm 29. September 2019 hatte er gegen 2.25 Uhr auf der Nördlichen Ringstraße mit seinem Pkw einen polnischen Staatsangehörigen überfahren, der zuvor von Landsleuten zusammengeschlagen und auf die Straße geworfen worden war.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hatte in dem Fall zunächst im März dieses Jahres einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 30 Euro festgesetzt: 2700 Euro. Dagegen allerdings hatte der 59-jährige Schwabacher Einspruch eingelegt. Ergo: Gerichtsverhandlung mit Zeugen und Gutachtern.
Zu wenig Sorgfalt
Staatsanwältin Anne Neckermann hielt also dem 450-Euro-Jobber vor, dass er "infolge Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den auf der Fahrbahn liegenden Geschädigten zu spät wahrgenommen hat und deshalb dessen Kopf und Oberkörper überrollt hat."
Da der Mann spätestens bei einer Entfernung von 25 Metern deutlich für ihn hätte erkennbar sein müssen, hätte er (Peter H.) "den Unfall durch Abbremsen und Ausweichen nach rechts vermeiden können." Doch H. schaffte es nicht auszuweichen. Das Auto fügte dem auf der Straße liegenden Opfer so schwere Verletzungen zu, dass es noch am Unfallort starb.
Viel zu spät gesehen
Bereitwillig äußerte sich Peter H. zu dem Geschehen. Er berichtete, dass er mit einem Freund von der Brauereigasse in die Nördliche Ringstraße Richtung Stadtmitte gefahren sei und dass sein Kumpel irgendwann gesagt habe, dass da "ein Batzen" auf der Fahrbahn liege.
Etwa drei Meter vor dem Hindernis habe der Beifahrer gesagt, dass da etwas liege. Er, H., habe vorher aber "nix gesehen." Dann kam es zur Kollision, und dann war es zu spät.
H.s Beifahrer bestätigte den Ablauf des Geschehens. Er erinnerte sich aber auch, dass das Auto des Angeklagten beim Überrollen des Getöteten regelrecht "nach oben gesprungen ist".
Der Zeuge schilderte zudem, dass er den verunglückten Mann in die stabile Seitenlage gebracht habe, "da der aus dem Mund geblutet hat. Er hatte Puls und er atmete noch", sagte der Freund und bezeichnete H. als "umsichtigen Autofahrer".
Auf den Mann eingetreten
Eine junge Frau, in unmittelbarer Nähe des Geschehens wohnend, berichtete von der Schlägerei vor ihrer Haustüre, dem Auslöser des tragischen Geschehens.
Sie hatte zunächst eine Auseinandersetzung gehört und gesehen, dass Männer auf das spätere Todesopfer eingeprügelt haben und auf die Straße geworfen hätten. Einer habe sogar auf den Kopf des Opfers eingetreten.
Wie das Malträtieren des Opfers durch seine Landsleute abgelaufen ist, demonstrierte sie auf Bitte der Prozessbeteiligten. Das Verfahren gegen die Schläger soll im Herbst vor dem Schwurgericht Nürnberg-Fürth stattfinden.
"Hoffentlich kein Auto"
Die Zeugin sagte, sie habe sich noch gewünscht, "dass jetzt hoffentlich kein Auto kommt". Als das Auto des Angeklagten dann kam, "habe ich die Augen zugedrückt", erinnerte sich die 25-jährige Zeugin. Und weiter: "Nach dem Aufprall lag die Person nicht mehr da, wo sie vorher lag."
Ein Knackpunkt in dem Prozess: Waren die Tritte gegen den Kopf ursächlich für den Tod des Mannes oder das Überfahren durch Peter H.? Die Gutachter waren sich einig.
Der Verkehrssachverständige rechnete aus, dass Peter H. aufgrund der guten Lichtverhältnisse bei Tempo 40 noch vor der am Boden liegenden Person zum Stehen gekommen wäre, wenn er 25 Meter vor dem Aufprall gebremst hätte. Selbst bei Tempo 50 hätte er noch ausweichen können.
Diplom-Ingenieur Thomas Gilch ging auch davon aus, dass H. den Kopf und Oberkörper des Getöteten überfahren hat (und nicht nur die Beine, wie H. vermutet hatte). Die spätere Lage des Opfers, die der Angeklagte und sein Beifahrer in Erinnerung hatten, habe sich durch den Aufprall verändert.
Professor Peter Betz, Chef des Institutes für Rechtsmedizin in Erlangen, sprach von einem "massiven offenen Schädel-/Hirntrauma", das sicher nicht durch Tritte gegen den Kopf entstanden sei. Er habe keine Zweifel, dass "Kopf und Oberkörper des Getöteten überrollt worden sind."
Insgesamt 1500 Euro
Während Staatsanwältin Neckermann aufgrund der Einkommensverhältnisse des Angeklagten 150 Tagessätze zu 15 Euro forderte, plädierte Verteidiger Manfred Hylla auf Freispruch. Er begründete dies mit den "schlechten Lichtverhältnissen" und der für ihn ungeklärten Frage, ob nicht auch die Tritte gegen den Kopf todesursächlich hätten sein können.
Richter Michael Schlögl verurteilte den 59-Jährigen schließlich zu 100 Tagessätzen zu 15 Euro. "Das frühzeitige Ableben des Herrn L. ist auf den Unfall zurückzuführen", begründete Schlögl seinen Schuldspruch. Peter H. hätte frühzeitiger reagieren müssen und können.