Spürbarer Klimawandel: „Der Fichtenwald löst sich auf“

10.10.2011, 08:36 Uhr
Spürbarer Klimawandel: „Der Fichtenwald löst sich auf“

© Schmitt

„Dieser Fichtenwald löst sich auf“, sagt Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent des Bund Naturschutz, inmitten eines Bestands zwischen Rohr und Weiler, der ihm selbst gehört. Mit der Begehung am vergangenen Samstag wollte er den gut 40 Waldbesitzern aus Schwabach sowie den Landkreisen Roth und Ansbach eines vor Augen führen: Der Waldumbau muss unverzüglich beginnen. Hin zu Baumarten, die höhere Durchschnittstemperaturen vertragen.

Nach Straußbergers Darstellung existiert die Fichte nie in Gebieten mit jährlichen Durchschnittstemperaturen von über 9,5 Grad. Bei zwei Grad Temperaturzuwachs, wie von der Politik erwartet, „wird die Fichte in weiten Bereichen Bayerns ausfallen“.

Bedrohliche Ausmaße

In Westmittelfranken habe das Fichtensterben schon bedrohliche Ausmaße angenommen. „Dort gibt es über 5000 Hektar Kahlflächen.“ In 30 bis 50 Jahren werde nach der Fichte auch die Kiefer verschwinden, prognostiziert Straußberger, der allerdings noch gravierendere Szenarien erwartet: „Der Temperaturanstieg wird eher bei drei bis vier Grad liegen.“ Verhältnisse wie sie gegenwärtig in Spanien, Süditalien und Griechenland herrschen. „Das wird die Vegetation völlig verändern.“

Ralf Straußberger führt die Gruppe zu einem Wald, in dem er bereits vor 20 Jahren mit dem Umbau begonnen hat. Grund dafür war zwar nicht der Klimawandel. „Als Forstwissenschaftler wusste ich aber, dass die Monokulturen keine Zukunft haben werden.“ Mehrere Hektar 120-jährigen Kiefern-Walds hat er deshalb mit Laubbäumen verjüngt. Kirsche, Buche, Eiche, Berg- und Spitzahorn sowie andere Arten schaffen dort Zukunftsperspektiven.

„Das ist gut für den Geldbeutel und die Natur“, sagt der Waldexperte. Schließlich wachse oben Starkholz und unten bildet sich seit 20 Jahren die nächste Baumgeneration. Ziel seiner aktuellen Pflege sei es, alle fünf bis zehn Meter einen Zukunftsbaum auszuwählen und zu fördern.

Staatliche Fördergelder

Der Waldumbau wird vom Freistaat Bayern nicht nur unterstützt. Er wird unbedingt angestrebt „Unser Ziel ist ein stabiler Mischwald“, sagt Christoph Kassian, Abteilungsleiter Forst des Amts für Landwirtschaft in Roth. Gegenwärtig wird von dort ein Waldumbauprojekt mitfinanziert, das Straußberger gemeinsam mit Jägern und Waldeigentümern aus Rohr und Umgebung angestoßen hat. „Winter und Frühjahr werden wir auf 60 Hektar um Rohr 200000 Buchen pflanzen“, erklärt Straußberger. Der Freistaat fördert sowohl die Kosten für die Anpflanzung als auch die für die Pflege. Allerdings, gibt Ralf Straußberger zu bedenken, existierten in Bayern 780000 Hektar Nadelwald. Pro Hektar, schätzt er, fallen für den Umbau etwa 5000 Euro an. „Allein die Kosten für die Neuanpflanzungen betragen also 3,9 Milliarden Euro“, rechnet der Forstmann vor.

Abschließend führt Ralf Straußberger die Gruppe noch zu einer Erstaufforstung, die unter seiner Regie entstanden ist. Dort dominieren die Laubbäume absolut. Die elfjährige Kultur aus Eiche, Kirsche, Tanne, Lärche und Winterlinde vereinigt Lichtbaum- mit Schattenbaumarten.

Entnahmen aber, sagt Straußberger, die erfolgten hier nur ganz zurückhaltend. „Damit die Qualität nicht zu schlecht wird.“ Denn das Wachstum sei hier ohnehin schwieriger als unter dem Schirm bestehender Bäume.

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