Todesschüsse in Münchner OEZ waren politisch motiviert

25.10.2019, 12:05 Uhr
Ali S. tötete am 22. Juli im Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen.

© dpa Ali S. tötete am 22. Juli im Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen.

Ausnahmezustand in München: Hunderte Einsatzkräfte, teils schwer bewaffnet, durchkämmen die Stadt, auf der Suche nach einem Amokläufer. Die Bürger sind verängstigt, ganz Deutschland ist schockiert von den Geschehnissen in der Landeshauptstadt. Am 22. Juli 2016 erschoss David S. Im Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen. Noch immer ermittelt das Lka in dem Fall. Nun gab es bekannt: Der junge Mann, der sich nach der Tat selbst erschoss, beging die Taten aus politischen Motiven.

Politisch Motivierte Kriminalität (PMK) wird bundesweit klar definiert. So werden der PMK Straftaten zum Beispiel dann zugeordnet, wenn in Betracht der Umstände der Tat oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit oder ihres äußeren Erscheinungsbildes gerichtet sind. Für die Erfassung in der Statistik für politisch motivierte Gewaltkriminalität reicht also allein der Verdacht auf eine entsprechende Motivlage des Täters, auch muss sie nicht der einzige Beweggrund für die Tat sein.

Bei der Tat von David Ali. S. geht das Lka von einem "Ursachen-/Motivbündel" aus. Dies wurde unter anderem auch durch mehrere von der Landeshauptstadt München beauftragte Gutachten festgestellt. Auch das Gericht, das über den Waffenhändler, der David Ali S. die Tatwaffe beschaffte, urteilte, ging dabei von einer Vielzahl von tatauslösenden Faktoren aus: Eine "rechtsradikale und rassistische Gesinnung des Täters" war demnach eindeutig gegeben. Das ergaben die Ermittlungen der letzten drei Jahre.

Besagte Ermittlungen zeigten, dass die Tat von Ali S. aus Rache für das erlittene Mobbing durch Mitschüler mit deutscher, deutsch-türkischer, polnischer, serbischer und bosnisch-herzegowinischer Nationalität begangen wurde. Neben dem Rachemotiv spielten weitere Faktoren eine Rolle: Die psychische Erkrankung des Täters, mangelnde soziale Kontakte, exzessives Spielen von sogenannten Ego-Shootern, die Identifizierung mit Amoktätern und die rassistische Gesinnung.


Ausnahmezustand in München: 2016 versetzten Schüsse eine Stadt in Angst


"Insbesondere der Hass des David Ali S. auf die Herkunftsländer seiner Mitschüler kommt dabei zum Ausdruck", hieß es in einer Pressemeldung des Bayerischen Landeskriminalamts. In seinem damals im Internet veröffentlichten Manifest äußerte er seine Ablehnung gegen Menschen mit Migrationshintergrund eines Münchner Stadtviertels im Allgemeinen, er hegte außerdem großes Interesse an dem rechtsmotivierten Attentäter Anders Behring Breivik. Jener tötete 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen.

Ali S. postete außerdem auf Online-Plattformen vielfach menschenverachtende Kommentare, teils mit rechtsradikal motivierten, rassistischen Elementen. Da sich bei den Ermittlungen genügend Anhaltspunkte für ein rassistisches Motiv ergaben, stufte das Lka die Tat nun als politisch motivierte Straftat ein.

Warnzeichen nicht frühzeitig erkannt

Im Verlauf aller Untersuchungen, Ermittlungen und Bewertungen ergaben sich der Polizei zufolge keine Hinweise auf weitere Tatbeteiligte, Anstifter und Mitwisser. Ebenso sind keine Anhaltspunkte auf rechtsextreme Netzwerke vorhanden.

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen auch dabei helfen, derartige Straftaten in Zukunft bestmöglich zu verhindern. Der Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes, Robert Heimberger, gab dabei zu bedenken: "Rassistisches Gedankengut muss genauso wie schwere psychische Probleme und Mobbing immer im Fokus der Betrachtung stehen." Die Gewalttat vom 22. Juli 2016 zeige auf tragische Art die grausame Wirklichkeit auf, wenn diese Warnzeichen nicht frühzeitig ganzheitlich erkannt werden, sagte er weiter.


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