„Basisenglisch“ verhalf zu Europapreis
29.12.2011, 07:25 Uhr
Bayerns Europaministerin Emilia Müller überreichte die im Regierungsbezirk Oberfranken in diesem Jahr einzige Auszeichnung dieser Art kürzlich an die Alexander-von-Humboldt-Schule. Sie sei überzeugt davon, dass diese „Beachtliches für den europäischen Gedanken leistet“. Dabei ist die Goldkronacher Einrichtung eine reine Grundschule, an der die für Schüleraustauschprogramme nötigen Englischkenntnisse beileibe keine Selbstverständlichkeit sind.
Hier kommen Joachim Grzega und sein „globales Basis-Englisch“ ins Spiel. Der 1971 in der Altmühlstadt geborene und hier aufgewachsene Sprachwissenschaftler hat von 1991 bis 1997 in Eichstätt, Paris, Graz und Salt Lake City Englisch, Französisch und Deutsch für das Gymnasiallehramt studiert. Seit 1998 unterrichtet er am Lehrstuhl für englische Sprachwissenschaft an der katholischen Universität in Eichstätt.
Das didaktische Konzept des 40-Jährigen vermittelt die Grundzüge der Weltsprache Englisch auf einem neuen, unorthodoxen Weg, der sehr schnell Lernerfolge erzielt. Die Grammatik spielt dabei kaum eine Rolle, das Grundvokabular ist auf 750 Wörter eingedampft. Es kommt nur darauf an, dass die Kinder sich möglichst schnell verständigen können. Unter Lehrern und Wissenschaftlern ist BGE deshalb allerdings nicht unumstritten.
Auf die Idee ist Grzega auf der Suche nach Möglichkeiten für eine neue, leicht zu erlernende Weltsprache wie das „Esperanto“ gekommen. Denn die gewachsene Allgemeinsprache Englisch erzeuge im Alltag Probleme. So hätten zum Beispiel ältere Menschen wegen fehlender Englischkenntnisse häufig schlechte Karten auf dem Arbeitsmarkt. Eine Reihe von Studien habe jedoch belegt, dass auf das Wesentliche reduzierte Formen der englischen Hochsprache gut für die interkulturelle Kommunikation geeignet seien.
Die Grundlagen für sein BGE-Konzept legte Grzega bereits vor sieben Jahren bei einem Seminar mit Studenten in Münster. Seit Mitte 2005 gibt es eine Internetseite zu dem Thema (www.basicglobalenglish.com).
Ideal fürs „Comenius-Projekt“
Basic Global English besteht im Wesentlichen aus möglichst nicht kulturspezifischen Begriffen, die im Alltag häufig verwendet werden. Neben den 750 Grundwörtern lernen die Schüler auch gleich einen persönlichen „Privatwortschatz“ mit weniger geläufigen Begriffen wie zum Beispiel den Namen der eigenen Haustiere, Sportarten oder des Lieblings-Essens.
Die Goldkronacher Grundschule war die erste „Testschule“ für das didaktische Konzept. Mittlerweile hat sie den BGE-Unterricht in das von der EU geförderte „Comenius-Projekt“ integriert, an dem sich auch die Treuchtlinger Grundschule und Senefelder-Schule sehr aktiv beteiligen. Das Englischlernen zur reinen Verständigung ist in dem oberfränkischen Ort bereits im Kindergarten möglich und ab der ersten Klasse mit wöchentlich einer Unterrichtsstunde Pflicht. Ab der dritten Klasse kommen europäische Auslandsaufenthalte hinzu. Bei der Verleihung des Europapreises waren trotz des geringen Alters der Schüler ganze Passagen der Feier komplett in Englisch gehalten.
„Den Kindern gefällt BGE, weil sie damit schnell mit anderen sprechen können und nicht nur Lieder und Reime auswendig lernen“, sagt Joachim Grzega. „So bekommen sie von Anfang an Anreize, die Sprache wirklich zu sprechen.“
Anfangs sollen sich die Schüler lediglich irgendwie verständlich machen, auch wenn sie ein Wort nicht wissen. Später kommen die Wörter dazu, und die Kinder wollen sie dann laut Grzega auch tatsächlich lernen. Grammatik und Aussprache des BGE seien ebenfalls natürlich vorkommende Formen, teils allerdings aus englischen Dialekten.
Im offiziellen Lehrplan ist die neue „Weltsprache“ des Treuchtlingers freilich noch längst nicht angekommen. Schüler und Eltern seien zwar schnell zu begeistern gewesen, in den Ministerien sei die Angst vor Neuem aber oft noch groß. Für Erwachsene bietet Grzega auf seiner Internetseite übrigens auch Material für Volkshochschulen und zum Selbstlernen an.
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