Bekommt Treuchtlingen eine Sicherheitswacht?

Patrick Shaw

Redaktionsleiter Schwabacher Tagblatt / Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung / Hilpoltsteiner Zeitung

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23.10.2019, 06:04 Uhr
Bekommt Treuchtlingen eine Sicherheitswacht?

© Archivfoto: Hans-Joachim Winckler

"Leider wird auch in kleineren Kommunen das Thema Sicherheit im öffentlichen Raum immer wichtiger", fasste Bürgermeister Werner Baum den Grund für den Vorstoß zusammen. Es vergehe "kaum eine Bürgerversammlung, in der sich nicht über das Verhalten im öffentlichen Raum beklagt wird". Schwerpunkte von Vandalismus, Vermüllung, Ruhestörung und Schmierereien, aber auch von Verstößen gegen kommunale Verordnungen wie Grünflächennutzung, Hundeverbot oder Leinenpflicht seien Kur- und Stadtpark, Burgruine, Parkplätze und Veranstaltungsorte sowie generell beliebte Treffpunkte der Jugend.

Erwin Leitner kennt dieses Aufgabenprofil. Um die chronisch unterbesetzte Polizei bei Beschwerden und kleineren Verstößen zu entlasten, gibt es in Schwabach schon seit 2001 eine Sicherheitswacht. Sie greift ein "wo es nötig, die Gefährdung aber noch nicht so groß ist, dass die Polizei gerufen werden muss". Denn "die öffentliche Sicherheit muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein", so der Polizeichef.

Die Idee ist nicht neu. Seit 1996 können in Bayern "verantwortungsbewusste Bürger" mit dem Einverständnis der Kommune und unter Aufsicht der Polizei ehrenamtlich auf Patrouille gehen. In Nürnberg lief schon ab 1994 ein Pilotversuch. Außerdem gibt es den "freiwilligen Polizeidienst" seit 1963 in Baden-Württemberg, seit 1999 in Sachsen und seit dem Jahr 2000 in Hessen.

Nur geringe Sonderrechte

In Schwabach besteht die Sicherheitswacht derzeit aus elf Personen, fünf weitere sind in Ausbildung. Landesweit gibt es aktuell 122 Sicherheitswachten mit gut 1000 Ehrenamtlichen in 150 Kommunen. "Über ihren Einsatz entscheidet einzig und allein die Polizei", betont Leitner. Die Sicherheitswachtler haben wie jedermann das Recht zur Notwehr und zur vorläufigen Festnahme bei Fluchtgefahr. Darüber hinaus dürfen sie als "Sonderbefugnisse" Personalien feststellen und Platzverweise erteilen.

Als "Hilfspolizist" bewerben kann sich jeder zwischen 18 und 62 Jahren, der eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung und einen einwandfreien Ruf hat sowie bereit ist, mindestens fünf Stunden im Monat Dienst zu tun. Gut ist eine bunte Mischung aus Jung und Alt: "Die Jungen werden zum Beispiel bei Kirchweihen eingesetzt, die Älteren bei einem Nachbarschaftsstreit", erklärt Leitner. Auch Frauen und ausländische Mitbürger sind willkommen.

Kein "übertriebener Ordnungssinn" erwünscht

Außerdem sollten die Interessenten laut Leitner "kommunizieren können und Respekt ausstrahlen". Allerdings gebe es unter den Bewerbern "immer wieder Rechtsextreme und Leute mit einem übertriebenen Ordnungssinn". Letzteres sei nicht hilfreich – bei dem ehrenamtlichen Streifendienst gehe es nicht um Verbrecherjagd oder das Drangsalieren unordentlicher Nachbarn, sondern darum, "durch einfache Anwesenheit und als Ansprechpartner präventiv zu wirken und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu erhöhen".

Auch bei Verkehrsdelikten sind die zivilen Aufpasser nicht zuständig. Gelegentlich werden sie aber für "Polizeiaufgaben ohne Vollzug" eingesetzt, etwa bei Vermisstensuchen. "Entscheidend ist eine akribische Personalauswahl", so der Polizeichef.

Unterwegs sind die Sicherheitswachtler zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Polizei steuert die Einsätze nach Bedarf und Verfügbarkeit. Anschließend muss jede Streife mündlich und schriftlich einen Bericht abgeben. Erkennbar sind die Ehrenamtlichen an ihrer Kleidung, außerdem führen sie Funkgerät, Taschenlampe und Reizstoffspray mit.

Für die Kommune kostenlos

Als Aufwandsentschädigung gibt es acht Euro pro Stunde, die der Freistaat trägt. Gleiches gilt für die Aus- und Weiterbildung. Auf die Personalstärke der örtlichen Polizei wirke sich die Einführung einer Sicherheitswacht nicht aus, betont Leitner.

"Anfangs war das Konzept auch bei uns von vielen Ressentiments begleitet", blickt Gerhard Zenker zurück, der in Schwabach für die Sicherheitswacht zuständig ist. Mittlerweile habe sie sich aber "zu einem akzeptierten Instrument entwickelt". Die Rückmeldungen seien fast durchweg positiv, zu manchen vermeintlich problematischen Jugendlichen entstehe "ein regelrecht freundschaftliches Verhältnis". Wegen seiner geringen Größe werde Treuchtlingen vermutlich mit sechs bis acht Aufpassern zurechtkommen.

Interessiert zeigten sich letztlich nahezu alle Stadtratsmitglieder. Wichtig ist UFW-Fraktionschef Klaus Fackler allerdings eine zuverlässige "Qualitätssicherung" durch die Polizei. Ein Einwand kam lediglich von Kristina Becker: "Ich fühle mich in Treuchtlingen eher sicher", so die CSU-Bürgermeisterkandidatin. "Bei uns ginge es wohl eher darum, städtische Satzungen durchzusetzen." Den Beschluss vertagte der Stadtrat und verwies das Thema nochmals zur Beratung in die Fraktionen.

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