Sparda in Treuchtlingen: Soziale Wurzeln bei der Bahn
04.06.2018, 06:04 Uhr
Die stellte kürzlich ebenfalls schon traditionell der Vorstandsvorsitzende Helmut Lind vor. Dass er dazu jedes Jahr aus der Landeshauptstadt anreist, liegt an seinem Vorgänger: Günter Grzega, der viele Jahre lang an der Spitze der Genossenschaftsbank stand, ist Treuchtlinger und in Sachen Sparda und Eisenbahn nach wie vor sehr aktiv. Sein wichtigstes Steckenpferd ist allerdings die „Gemeinwohlökonomie“, der sich auch die Sparda München verpflichtet fühlt.
Dieses „soziale Gewissen“ hat seine Wurzeln in den Anfängen des Kreditinstituts vor 122 Jahren. 1896 wurde es als „Spar- und Vorschuss-Verein der badischen Eisenbahnbeamten“ in Karlsruhe gegründet. Nach ihrem Vorbild entstanden auch andernorts Genossenschaften, die sich 1906 zum „Revisionsverband der Eisenbahn-Spar- und Darlehnskassen“ zusammenschlossen. 1969 öffneten sich diese „Eisenbahner-Sparkassen“ zunächst allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst und 1974 allen Arbeitnehmern. Sie blieben aber als „betriebliche Sozialeinrichtung“ eng mit der Deutschen Bahn verbunden. Seit 1978 nennen sie sich einheitlich Sparda-Banken. Bis heute betreuen sie allerdings nur Privat- und keine Geschäftskunden.
„Durch die Eisenbahn waren wir damals überall vor Ort, auch ohne Filialnetz“, blickt Helmut Lind zurück. Bei jeder Bahnhofskasse konnten die Mitglieder Geld abheben. Die Vertrauensleute der Bahn seien quasi „nebenamtliche Banker“ gewesen. Der Kontakt sei so eng gewesen, dass manche Vertrauensleute besser über die finanziellen Verhältnisse der Kunden Bescheid wussten als diese selbst.
Ab den 1990er Jahren baute die Sparda im Zuge der Umstrukturierung des Bahn-Konzerns ihr Filialnetz auf klassische Weise aus. Allerdings gibt es in der Region bis heute nur wenige Niederlassungen – die nächsten in Roth, Ingolstadt und Augsburg. Da ist es schon etwas besonderes und nicht zuletzt dem Betreiben von Günter Grzega geschuldet, dass gerade Treuchtlingen eine eigene Filiale hat.
2005 wurde diese in der Bahnhofstraße gegründet, 2011 zog sie in die Hauptstraße um. Ihre anfangs rund 400 Stammkunden versechsfachte die Treuchtlinger Sparda in den ersten zehn Jahren. Ende 2017 zählte sie 3346 Mitglieder und 3444 Kunden (2016: 3194/3287). Das ist ein Wachstum von 4,8 Prozent – deutlich mehr als die 2,9 Prozent der Gesamtbank.
Der Gesamtbank stets voraus
Die Bilanzsumme der Niederlassung unter der Leitung von Thomas Menhorn stieg vergangenes Jahr von 70,2 auf 76,1 Millionen Euro (plus 8,4 Prozent, Gesamtbank: plus 6,8), die Kundeneinlagen von 44,7 auf 48,4 Millionen Euro (plus 8,3 Prozent, Gesamtbank: plus 6,7), das Kreditvolumen von 25,5 auf 27,7 Millionen Euro (plus 8,7 Prozent, Gesamtbank: plus 3,4) und die neuen Baufinanzierungen von 4,2 auf 5,1 Millionen Euro (plus 24,1 Prozent, Gesamtbank: plus 10,0). Das Betriebsergebnis verbesserte sich von 37,3 auf 41,6 Millionen Euro (plus 11,5 Prozent), das Jahresergebnis sank allerdings wegen eines schlecht bewerteten Kredits von 36,8 auf 36,1 Millionen Euro (minus 1,9 Prozent).
Lediglich beim Fondsbestand (plus 13,9 Prozent) und den Privatkrediten (plus 11,1 Prozent) lag das Wachstum unter dem des Mutterhauses (plus 16,4/16,5 Prozent) – was Lind indes nicht unbedingt negativ bewertet. Schließlich führten Privatkredite nicht selten in die Schuldenfalle, und die Sparda München wolle in diesem Bereich zumindest nicht mit so unfairen Konditionen arbeiten, wie es andere Banken teils täten.
Neu ist, dass die Sparda-Kunden seit kurzem auch in Filialen der Ketten Rewe, Penny, Real und Rossmann Geld abheben können. Das erinnert ein bisschen an die „gute alte Zeit“ der Bahnhofskassen. Erfreut äußerte sich der Vorstandsvorsitzende außerdem darüber, dass „in der EU die Gleichmacherei der großen und kleinen Banken zurückgeht“. Allerdings gebe es auch „Tendenzen zur Diktatur der Europäischen Zentralbank und einer EU-Superaufsicht“. Dies sei „intransparent, technokratisch und entfernt sich von den Menschen“.
Verführerische Fusions-Sucht
Bei vielen Banken beobachtet Lind eine „Flucht in Fusionen“. Es sei „eine verführerische Sucht zu glauben, dass größer gleich besser ist“. Das Ergebnis schlage in Form von Niederlassungsschließungen auch in Altmühlfranken durch. Auf Kostendruck und Ertragsrückgang reagiere die Konkurrenz mit höheren Gebühren, Filial- und Personalabbau und setze der Digitalisierung veraltete Geschäftsmodelle entgegen. Die Sparda München verfolge dagegen eine Wachstumsstrategie, erschließe neue Zielgruppen und wolle mit ihrer Klima- und Gemeinwohlbilanz ihre sozial-ökologische Marke stärken.
Letztere spiegelt sich auch im Wettbewerb „Great place to work“ wider, bei dem die Sparda München heuer zum elften Mal in Folge unter den zehn besten Arbeitgebern Deutschlands gelandet ist und zum dritten Mal einen Sonderpreis erhalten hat. Beim „Kundenmonitor Deutschland“ liegt das Kreditinstitut sogar seit 25 Jahren auf Platz eins unter den Filialbanken. Und dann ist da in Treuchtlingen noch der „Joker“ in Sachen Vertrauen und Kundennähe: Ex-Chef Günter Grzega.
Aber die Bank gibt auch etwas zurück. So hat sie in der Altmühlstadt im vergangenen Jahr 35.000 Euro an 69 gemeinnützige Empfänger gespendet, darunter die Fördervereine der Senefelder- und der Grundschule, der Dorfverein Dietfurt und die Feuerwehr. Dafür bedankte sich Bürgermeister Werner Baum. Die Kooperation mit der Stadt zur Ausrichtung des „Ehrenamtsabends“ beim Volksfest setzt die Sparda ebenfalls fort, obwohl das Sponsoring wegen der von wenigen Hundert auf bis zu 2000 gestiegenen Besucherzahl immer teurer wird.
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