Klimawandel

Trotz Klimawandels: Darum gibt es für Frankens Winzer Hoffnung

Roland Englisch

München-Korrespondent

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15.06.2021, 15:30 Uhr
Trotz Klimawandels: Darum gibt es für Frankens Winzer Hoffnung

© Hans-Bernd Glanz

Der Klimawandel wird den Weinbau verändern. Er tut es bereits, da ist sich Marianne Steinschulte sicher. Doch die Fachfrau aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium blickt optimistisch in die önologische Zukunft. Es werde schlicht andere Rebsorten geben, sagt sie, die trotzdem an den Fortbestand der Klassiker glaubt.

Das Szenario ist klar: 6394 Hektar umfasst das bayerische Weinbaugebiet; mehr als 6300 davon liegen in Unterfranken, ein kleiner Teil am Bodensee und ein winziger in Regensburg.

Gerade in Unterfranken aber verändern sich die Bedingungen. Seit 1881 ist dort die Durchschnittstemperatur um zwei Grad gestiegen, während die Niederschläge abgenommen haben. Der Regen reicht längst nicht mehr aus, die Bilanz ist negativ. Das Grundwasser nimmt beständig ab, dafür steigt die Zahl der Tage mit anhaltender Trockenheit. Gleichzeitig lassen späte Fröste die Triebe verdorren.

Trockenstress, sagt Marianne Steinschulte, sei durchaus positiv für die Reben. Die Winzer brauchen ihn für die Qualität des Weines, den sie aus den Trauben gewinnen, solange der Stress moderat bleibt. Die extreme Hitze allerdings setzt den Reben zu – und verpasst den Trauben immer häufiger einen Sonnenbrand. Ein Teil der Winzer bewässert mittlerweile besonders ausgetrocknete Weinberge. Steinschulte schätzt, dass dies auf etwa 1300 Hektar der Fall ist. "Mittelfristig werden wir das auf 2000 Hektar brauchen", sagt sie.

Ihr Ministerium fördert derzeit mehrere Pilotprojekte und testet, welche Konzepte zukunftsweisend sein könnten. Denn in der ohnehin trockenen Region ist Wasser kostbar und zunehmend Mangelware. Dass die Winzer das Wasser verschwenden, hält Marianne Steinschulte allerdings für ausgeschlossen. Per Tropfbewässerung brächten sie gerade so viel an die Reben, wie die unbedingt brauchen, sagt sie, auch des positiven Trockenstresses wegen.


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Die Frage bleibt trotzdem, wo das Wasser herkommt. Für einen der Testläufe pumpen sie das Wasser über eine 7,2 Kilometer lange Leitung, bei einem anderen zapfen die Winzer mehrere Bäche an. Mittelfristig, darin sind sich die Fachfrau wie die Landespolitiker im Agrarausschuss einig, helfen nur ökologisch akzeptable Lösungen, Regenauffangbecken etwa. Immerhin schätzt Steinschulte, dass alles in allem rund 2000 Hektar bewässert werden müssen. Bis zu 1,5 Millionen Kubikmeter Wasser könnten sie im Jahr schlucken.

Hitze und Trockenheit bringen es mit sich, dass die Reben früher austreiben, die Trauben früher reif werden und das auch noch gehaltvoller. Was zunächst positiv klingt, läuft allerdings einem allgemeinen Trend entgegen: Die Menschen bevorzugen zunehmend leichtere Weine, ein Phänomen, das die südeuropäischen Winzer mit ihren schweren Tropfen vor ernsthafte Probleme stellt.

Auch deshalb warnt die Weinbaureferentin vor einem Trugschluss: "Wir werden mehr Rotweine bekommen", sagt sie. "Aber wir werden kein Rotweingebiet."

Tatsächlich begünstigt das heiße Wetter den Anbau roter Rebsorten. Die Zahl der Winzer in Franken steigt stetig, die umsatteln und auf mediterrane Sorten setzen, etwa auf Merlot, Cabernet Sauvignon oder Syrah. Steinschulte hält das für einen Fehler. "Davon ist schon zu viel auf dem Weltmarkt."

Der Silvaner bleibt das Flagschiff

Geht es nach ihr, konzentrieren sich die Franken weiter auf das Vertraute. Der Silvaner etwa "wird unser Flaggschiff bleiben", sagt Marianne Steinschulte. Oder der Riesling, für den Deutschland mittlerweile wieder weltweit anerkannt ist. Noch wächst er vor allem in den Südlagen. Doch die Hitze wird es mit sich bringen, dass der Riesling allmählich in die Nordosthänge wandert.

Klar werde sich manches verschieben, sagt Marianne Steinschulte. Der Bacchus etwa oder der Müller-Thurgau gehören zu den Hitzeverlierern, weil sie früh reifen, und jetzt noch früher dran sind. Doch der Bacchus ist ohnehin nicht mehr gefragt, dafür poppen andere hitzeverträgliche weiße Rebsorten auf wie der Cabernet Blanc, der Chardonnay oder der Sauvignon Blanc.

Manchmal helfen auch einfache Tricks. Winzer lichten zunehmend die Weinblätter aus, verzögern damit den Reifeprozess der Trauben und gewinnen Zeit in den Herbst hinein. Oder sie weichen aus, in andere, kühlere Regionen des Freistaates, beispielsweise in die Oberpfalz oder nach Mittelfranken. "Der Weinbau kann von all dem profitieren", sagt Marianne Steinschulte. "Mir ist nicht bange. Ich bin im Gegenteil sehr gespannt, wohin uns das führt."

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