Stadtmuseum im Fembo-Haus wird neu gestaltet

Gut (f)liegen

28.2.2023, 09:11 Uhr

Sitzen, liegen, schauen: Die Deckengemälde im Tanzsaal des Fembo-Hauses werden zum Schau-Stück und mit Hilfe von Schablonen erklärt. © Computergrafik: tecton GmbH

Frau Belling, was war Ihr Eindruck, als Sie das Fembo-Haus zum ersten Mal besucht haben?

Das Haus an sich ist beeindruckend, als Museum ist es aber an vielen Stellen überholt. Die letzte Sanierung liegt ja auch schon mehr als 20 Jahre zurück.

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Macht die Vergangenheit – das Fembo-Haus ist das einzige erhaltene Kaufmannshaus der Spätrenaissance in Nürnberg und hat im Laufe der Jahrhunderte viele unterschiedliche Besitzer und Verwendungen gehabt – die Umgestaltung schwierig?

Für historische Umgebung zu gestalten, ist grundlegend eine Herausforderung. Die Aufgabe ist, nicht zu konkurrieren: Wir erzählen was Eigenes, lassen dem Haus aber seine Wirkung.

Wollen wir von oben anfangen? Unterm Dach beginnen Besucherinnen und Besucher ihren Rundgang, das Modell der Altstadt aus Lindenholz von 1939 war hier das zentrale Objekt und soll es bleiben. Die Gestaltung ist damit gesetzt, oder?

Einen Raum um ein Leitobjekt herum zu konzipieren, ist ein übliches Vorgehen. Ich frage immer: Was würde mich als Besucherin interessieren, was würde ich gern erfahren – als Einheimische, aber auch als Touristin? Für mich persönlich ist wichtig, Orientierung zu schaffen. Die Burg, das Rathaus und der Hauptmarkt sind ganz in der Nähe. Was gehört zusammen, wie ist die Stadt aufgebaut und wie hat sie sich entwickelt? Man kann Nürnberg anders verstehen, auch wenn man später durch die Straßen läuft.

Das Modell ist groß und sehr detailliert. Sie planen einen „Flug“, mit dem Interessierte an einen Platz ihrer Wahl kommen und sich dort umsehen können. Wie funktioniert das?

Wir wollten, dass Besucher jede Stelle entdecken können. Bisher war gerade die Mitte schlecht zu erkennen. Deshalb hängen wir eine Kamera über das Modell, die von einem Touch-Monitor aus bewegt werden kann. Etwa 30 wichtige Punkte werden als Virtual Reality-Darstellung gezeigt und erklärt. Das gibt es bisher noch gar nicht, es ist ein Wagnis – aber die Techniken sind gängig und wir haben schon häufiger damit gearbeitet.

Und was wird drumherum zu sehen sein?

Zum Beispiel ein Monitor, der einen 360 Grad-Rundblick vom Dach des Fembo-Hauses aus zeigt, und einen anderen, der die Handelswege innerhalb der Stadt markiert. Zudem – das finde ich am spannendsten – werden drei Ferngläser den Blick auf den realen Ort in früheren Zeiten ermöglichen. Als etwa in der frühen Neuzeit Pferdefuhrwerke und Kutschen in den Gassen fuhren und Frauen mit aufgepluschten Kleidern spazierten, als während der Industrialisierung in der ganzen Stadt Fabrikschornsteine rauchten und in der NS-Zeit Hakenkreuzfahnen wehten.

Vitrinen, Monitore, Sitzgelegenheiten – wo bringen Sie das alles unter?

Der Raum unter dem Dach ist groß, hat aber eine niedrige Decke. Nur 2,23 Meter, dazu einen durchlaufenden Balken und Metallstangen, die die Etage stützen und auf Kopfhöhe schräg angebracht sind. Ich bin auch schon dagegen gelaufen! Diese Not machen wir zur Tugend. Wir ziehen Wände mit integrierten Vitrinen ein und verwenden Sitzgelegenheiten als Raumteiler.

Im dritten Stockwerk sollen sogar Liegemöbel aufgebaut werden. Ist das nicht ungewöhnlich für ein Museum?

Die Anforderung, Sitz- und auch Liegegelegenheiten zu schaffen, kam ziemlich schnell vom Museumsteam. Ich persönlich sitze auch gern: Wer sich drei Stunden im Haus aufhält, mag auch mal rasten. Und es gibt Menschen, die nicht so lange stehen können. Es stimmt, wir wollen auch eine „Liegewiese“ haben im Tanzsaal – damit Besucher die Deckengemälde mit Szenen aus Ovids Metamorphosen betrachten können. An der genauen Ausarbeitung sitze ich gerade. Wahrscheinlich wird ein kreisförmiges Möbel im Zentrum stehen, das eine flache Rückenlehne hat, denn ganz ebene Flächen sind für Ältere nicht ideal. Und es wird beweglich sein, damit es für Veranstaltungen und Führungen weggerückt werden kann.

Passt das überhaupt, moderne Möbel in einem historischen Gebäude?

Unbedingt! Eine historische Gestaltung würde doch mit dem Haus konkurrieren. Wir setzen deshalb auf eine moderne, zeitlose Gestaltung, die auch in 20 Jahren ihre Ästhetik behält. Für alle Räume gibt es ein ausgeklügeltes Farbkonzept. Jeder hat eine eigene Farbe in harmonierenden Blautönen.

Im dritten Stock sind vier Räume miteinander verbunden …

Der Tanzsaal und die Küche bleiben gestalterisch weitgehend wie gehabt, aber für alle anderen Räume sind Sichtachsen, Farbigkeit und eine neue Interpretation der Themen ganz wichtig. Jeder Raum hat sein eigenes Thema, etwa das Verhältnis von Rat und Stadt oder die überragenden Handwerker Nürnbergs.

Haben Sie dazu besondere Ideen?

Unser Anspruch als Büro ist, dass wir altersübergreifend und inklusiv ein emotionales Erlebnis schaffen. Das erreichen wir, indem wir digitale Vertiefungen anbieten und zu haptischen Interaktionen auffordern – und so hoffentlich jeden Menschen bei seinen Interessen abholen können. Wir wollen im Fembo-Haus zeigen, was Nürnberg besonders macht. Dabei beziehen wir auch das jüngere Publikum ein und entwickeln gerade einen Leitfaden für Kinder, der Neugier weckt und sie auf Details aufmerksam macht. Was haben zum Beispiel die Zeidler – also die Imker im Nürnberger Reichswald – mit dem Kaiserthron zu tun? Das ist spannend und interessant, das bleibt hängen. Sich dagegen einzelne Jahreszahlen zu merken, fällt schwer – nicht nur Kindern und Jugendlichen.

Ihr Büro hat den Zuschlag für die Gestaltung des ersten Abschnitts bekommen. Sie fangen jetzt an, ohne das Gesamtkonzept zu kennen. Wie geht das?

Wir legen die Basis für ein Stadtmuseum, das die Stadtentwicklung in verschiedenen Phasen und unter verschiedenen Aspekten betrachtet. Wir konzipieren das Leitsystem und die Medienstationen so, dass sie veränderbar sind. Dass Texte ersetzt, Vitrinen ergänzt oder rausgenommen werden können, dass die Medien jederzeit neu bespielt und angepasst werden können. Als Museum wird das Fembo-Haus also experimenteller, auch mutiger und vor allem wird es mehr auf die Bedürfnisse der Besucherinnen und Besucher eingehen als bisher.