Ruft die CDU den Arzt?

Helge Braun als Kandidat für CDU-Vorsitz im Gespräch

10.11.2021, 13:09 Uhr
Ein weiterer Kandidat? Kanzleramtschef Helge Braun.

© Michael Kappeler, dpa Ein weiterer Kandidat? Kanzleramtschef Helge Braun.

Wochenlang waren es die üblichen Verdächtigen, deren Namen als Kandidaten für den CDU-Vorsitz genannt wurden. Friedrich Merz etwa, in zwei Anläufen schon gescheitert, Norbert Röttgen und Jens Spahn, jeweils einmal angetreten. Nun ist ein Christdemokrat ins Spiel gebracht worden, den kaum jemand auf der Rechnung gehabt hatte: Kanzleramtschef Helge Braun. Er könnte ein Kompromisskandidat zwischen dem konservativen und dem liberalen Flügel sein.

Vielleicht lag es am Posten, vielleicht aber auch an der Persönlichkeit. Braun war in den vergangenen dreieinhalb Jahren nicht unbedingt ein Mann, der die politische Debatte in Deutschland bestimmte. Als "Minister für besondere Aufgaben" leitete er das Kanzleramt und koordinierte im Auftrag von Angela Merkel die Kabinettsarbeit. In der Stellenbeschreibung ist nicht unbedingt vorgesehen, dass sich der Amtsinhaber selbst profiliert.

Außerdem zählt der 49-Jährige eher zu den Stillen im Parlament. Er hält keine aufrüttelnden Reden und wenn er spricht, dann sehr leise. In manchen Talkshows, als er vor allem während der Corona-Krise die Regierungspolitik erklären sollte, ging er deswegen ein wenig unter. Während er noch Argumente abwog, ergriffen schon diejenigen das Wort, die schnelle Lösungen parat hatten.

Ähnlich wie Merkel

Mit seiner Chefin, der Kanzlerin, hat er manches gemeinsam. Wie lange Zeit Angela Merkel, so wird auch er eher unterschätzt. Beide pflegen eine naturwissenschaftliche Herangehensweise an die Themen. Die eine als promovierte Physikerin, der andere als Arzt. Helge Braun war vor seinem Wechsel in die Politik an einer Uniklinik im Bereich Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie tätig gewesen.

Wie aber kommt es dazu, dass er plötzlich als Kandidat für das CDU-Spitzenamt genannt wird? Das könnte am Landesverband in seiner hessischen Heimat und vor allem an Ministerpräsident Volker Bouffier liegen. Der ist einer der wichtigsten Strippenzieher in der Christdemokratie und hatte bereits maßgeblich dazu beigetragen, im Zweikampf um die Kanzlerkandidatur den Bewerber Armin Laschet gegen Markus Söder durchzusetzen.

Braun wird auch als Nachfolger von Bouffier (49) in Hessen genannt. Als Ministerpräsident und Parteivorsitzender hätte er dann zwei der wenigen verbliebenen Top-Positionen der Christdemokratie. Bei der Bundestagswahl 2025 wäre er der geborene Kanzlerkandidat der Union.

Merz, Röttgen und andere

Zunächst einmal muss sich der Mediziner, wenn er denn überhaupt antreten wird, gegen weit prominentere Mitbewerber durchsetzen. Ein Friedrich Merz tritt weit dominierender, klarer und konservativer auf. Ein Norbert Röttgen steht für Weltgewandtheit, Liberalität und geschliffene Formulierungen. Dazu kommen im weiteren Umfeld noch andere mögliche Kandidaten wie der Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann, Fraktionschef Ralph Brinkhaus und Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn.

Erstmals werden die rund 400.000 CDU-Mitglieder direkt befragt, wen sie denn gerne als neuen Chef hätten. Diese Vorentscheidung ist zwar nicht rechtlich bindend für den Parteitag. Es gilt aber als sicher, dass der Favorit der Basis auch gewählt wird. Eine Frau ist nicht unter den Kandidaten. Allerdings hat Bildungsministerin Karin Prien aus Schleswig-Holstein angekündigt, dass sie sich um den Posten der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden bewerben will.

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