Ein Viertel der Eichen angeknabbert

Hungrige Rehe bedrohen Waldumbau in Nordbayern: Jagd soll forciert werden

1.12.2021, 05:55 Uhr
Rehe knabbern liebend gern Knospen und junge Triebe von Bäumen an. In Nordbayern bereitet der Verbiss besonders große Problem. 

© Reiner Bernhardt Rehe knabbern liebend gern Knospen und junge Triebe von Bäumen an. In Nordbayern bereitet der Verbiss besonders große Problem. 

Junge Bäume in Bayern haben es noch immer schwer, zu stattlicher Große heranzuwachsen. Zu häufig werden sie von Rehen und Hirschen angeknabbert. Der Anteil von jungen Bäumen mit abgebissenen Leittrieben hat sich laut dem aktuellen "Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung 2021" seit der letzten Erhebung vor drei Jahren kaum verändert.

Mehr Verbiss bei Laubbäumen

Die Verbissquote ist sogar bei den aus Klimagründen besonders geförderten Laubbäumen leicht von 20 auf 21 Prozent gestiegen, bei den Nadelbäumen hingegen von vier auf drei Prozent zurückgegangen. Der Verbiss bedrohe vor allem Baumarten, die vermehrt eingesetzt werden müssen, um die Wälder klimafest zu machen, sagte Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber (CSU).

Die Wälder könnten die Klimakrise nur dann bewältigen, wenn zukunftsfähige Baumarten eine Chance hätten, zu stabilen Mischwäldern heranzuwachsen, warnte Kaniber: "Aber genau das ist in zu vielen Jagdrevieren Bayerns noch nicht der Fall."

Auf mehr als 21.500 Verjüngungsflächen wurden für die Inventur über zwei Millionen junge Bäume auf Verbiss- und Fegeschäden untersucht. Neben den Verbissschäden durch Abknabbern von Knospen und jungen Trieben entstehen Fegeschäden, wenn Rehböcke Bast von ihren Geweihen abreiben.

Hilfsmittel für die Abschussplanung

Auf dieser Basis haben die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für jede Hegegemeinschaft ein Forstliches Gutachten und zusätzlich insgesamt rund 9000 individuelle Aussagen für die Reviere erstellt, die den Beteiligten nun als Hilfsmittel für die Abschussplanung zur Verfügung gestellt werden.

Immerhin sind in der Hälfte der landesweit 750 Hegegemeinschaften im Freistaat laut Gutachten Wald und Wild durchaus im Gleichgewicht. Ein Lichtblick ist auch die Trendumkehr in den Bergwäldern. Hier hat sich der Verbiss bei Buchen um drei, bei Edellaubhölzern und bei den für die Stabilität wichtigen Tannen um jeweils vier Prozentpunkte verbessert.

Eichen am beliebtesten bei Rehen

Am größten sind die Verbissschäden bei Eichen. Hier beträgt der Anteil der Pflanzen mit frischem Leittriebverbiss 25 Prozent. Gut schmecken dem Wild auch Edellaubbäume (23 Prozent Verbiss), Buchen (16 Prozent) und Tannen (elf Prozent), weniger Kiefern (fünf Prozent) und Fichten (zwei Prozent).

Der Bund Naturschutz in Bayern (BN) stellte sich umgehend hinter die "klaren Aussagen" der Ministerin. "Es ist nicht hinnehmbar, dass in Bayern in 50 Prozent der Hegegemeinschaften die Verbissbelastung immer noch so hoch ist, dass gerade die Baumarten nicht natürlich aufwachsen können, die wir in der Klimakrise dringend bräuchten", so BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.

In Nordbayern, wo die Wälder stärker unter Hitze und Dürre litten, sei der Verbiss besonders hoch. Der BN unterstütze daher den Appell Kanibers an Waldbesitzer und Jäger, durch verstärkte Bejagung für waldverträgliche Wildbestände zu sorgen. "Wenn der Wald oben stirbt, muss unten die Waldverjüngung nachwachsen können", so Mergner: "Es darf nicht sein, dass wir künftig intakte Wälder nur noch "hinter Zaun" aufwachsen sehen.