Im Kalabrien Zirndorfs

9.7.2012, 22:00 Uhr
Im Kalabrien Zirndorfs

© Thomas Scherer

Lach- und Schießbefehl im „Kalabrien Zirndorfs“ (O-Ton Palast-Chef Andreas Radlmaier): Auch im 2012er-Sommer will es das KulturPalast-Gesetz, dass Künstler zueinander finden, die schon immer mal zueinander finden wollten; man schaut, was geht, und das Ergebnis überrascht die da oben auf der Bühne meist mindestens so doll wie die 200 im Scheunensaal.

Daran, dass der erste Abend zum Bersten voll war, ist zweifellos Andreas Rebers Schuld. Der mit allen wichtigen Preisen zugeschüttete Kabarett-Attentäter macht die Provinz zur Spitze der Lachkrampf-Bewegung. Rebers, der schon immer mal was mit Matthias Egersdörfer machen wollte und in Anwanden von der Wunschfee erhört wurde, mischt aufs Unverwechselbarste Spießertum-Kritik mit religionsspöttischer Angriffslust (hier wird der nach Rom beorderte Bischof Müller zum „Irren aus Regensburg“) und textlich luxuriös gezwirbeltem Nonsens, der sich in Hoheliedern auf die Günters und Fliesenleger dieser Welt Bahn bricht. Tatwaffe dieses bösen Kabarett-Frontsoldaten mit Hans-Albers-Schlagseite ist ein virtuos schießendes Akkordeon.


Mit Andreas Rebers’ Erstliga-Format vermag in Anwanden eben noch „LaBrassBanda“-Tubist Andreas Hofmeir mitzuhalten. Schöner Erkenntnisgewinn: Eine XL-Blechkiste kann tatsächlich federleicht klingen und amüsante Storys erzählen. Doch dieser fabelhafte Musiker versteht sich auch auf selbstironische, stoisch vorgetragene Texte von beinah Poltschem Format. Der Saal wiehert.
Lokalmatador Matthias Egersdörfer meldet in Anwanden deutlich steigende Form. Die pfundschwer miese Laune, Markenzeichen der Frühkarriere des Fürthers, weicht zunehmend inhaltlicher Plausibilität. Von saukomischen Kindheitserinnerungen an den Zirkus den Bogen zu schlagen zu Blitzrezepten und Kirchenkrittelei, dabei das Publikum nicht aus den Klauen zu lassen – das ist schlicht großartig.

Länger, doch nicht besser wurde der Abend, weil zwei weitere Lokalmatadoren im ersten Teil mitmischten. Klaus Schamberger liefert zuverlässig Alltagsanekdoten mit freundlicher Genehmigung des gesunden Menschenverstandes – was nur leider so gar nicht zu den Abseitigkeiten eines Rebers und Egersdörfers passen mag.

Philipp Moll, auch er eher ein Angestellter der Abteilung „Dada“, arbeitet sich im Habitus des vom Leben gezeichneten Hochdepressiven an Hirnwürsten und fleischverarbeitenden Tanten ab, sieht aber neben Egersdörfer aus wie ein Mann zuviel auf dem Platz. Im Kalabrien Zirndorfs löst man so etwas auf friedliche Weise – mit riesigem Applaus.