Boden am Bahngelände verseucht
10.12.2008, 00:00 Uhr
Es riecht wie an einer Tankstelle. Bagger schaufeln Erdreich aus einer Grube, gleich neben dem Haltepunkt der Gräfenbergbahn. Arbeiter decken die frisch aufgehäuften Hügel schnell mit Plastikplanen ab. «Sonst spült der Regen die Schadstoffe in den Boden», erklärt einer der Männer.
Eigentümerin des 45 000 Quadratmeter großen Areals ist die Aurelis Real Estate GmbH. Vorgesehen sind dort Reihen- und Mehrfamilienhäuser. Gemeinsam mit dem Umweltamt der Stadt saniert dort die ehemalige Eigentümerin des Gebietes, die Deutsche Bahn AG (DB), rund 2000 Quadratmeter des mit Mineralöl verseuchten Bodens.
Bis ins Jahr 1904 gehen Aufzeichnungen zurück, die belegen, dass seinerzeit an der Stelle bereits Tanks für Kraftstoffe vorhanden waren. Aus den Unterlagen geht auch hervor, dass damals die Aktiengesellschaft für österreichische und ungarische Mineralölprodukte (OLEX) dort erste Tanklager betrieben hat, so Klaus Köppel, Leiter des Umweltamtes. Das damalige Mineralölunternehmen war eine Vorläuferfirma der Deutschen BP.
Bis 1977 hat die BP, die das Areal von der Bahn gemietet hatte, die Tanks betrieben, sagt Sebastian Illing vom DB-Sanierungsmanagement. 1978 überbaute eine textilverarbeitende Firma die im Boden eingelassenen Behälter mit Hallen. Anfang 2008 wurden diese für die geplante Wohnbebauung abgerissen.
Klar ist: Die Bahn will nicht auf den Sanierungskosten sitzen bleiben und sieht BP als «Rechtsnachfolger» von OLEX in der Pflicht. «Seit 2005 gehen diverse Schreiben hin und her», sagt Illig. BP habe auch ein Gutachten erstellen lassen, das der Konzern allerdings «nie herausgerückt hat». Nun ist die Bahn selbst tätig geworden und saniert den Boden, um die geplante Bebauung einen Schritt voranzubringen.
Hinweise waren bekannt
Warum die Schadstoffe aber erst jetzt beseitigt werden, erklärt Klaus Köppel vom Umweltamt so: «1977 ist man mit solchen Dingen noch anders umgegangen.» Er räumt aber ein, dass die in den 90er Jahren erstellten Altlastenkataster bereits Hinweise auf Schadstoffe im Boden des alten Bahn–Areals enthalten. «Der Kataster basiert nur auf Verdacht. Man vermutete dort wegen der vormaligen Nutzung eine Bodenbelastung.» 1998 habe eine Untersuchung eine «geringfügige Belastung» im Grundwasser ergeben. Nach einer weiteren Probe 2006 seien die Werte nicht mehr relevant gewesen.
Von dem einst zusammenhängenden Bahngrundstück hat Aurelis rund 3500 Quadratmeter im Westen, gegenüber vom Merian-Forum am Leipziger Platz, abgetrennt und verkauft. Hier wird seit vergangener Woche gearbeitet - im Oktober hat die Bauordnungsbehörde grünes Licht für ein fünfstöckige Hotel gegeben.
In dem Haus, das die Firma «acom-Hotel» mit Sitz in Ludwigsburg betreiben wird, sind 201 Zimmer geplant, so Aurelis-Sprecherin Susanne Heck. Der «Winkelbau» wird mit einer Flanke an die Äußere Bayreuther Straße und ums Eck an die Kieslingstraße gegenüber dem Merian-Forum heranrücken, erklärt Hermann Renner, Chef der Bauordnungsbehörde. Nach Informationen des Betreibers aus Ludwigsburg soll der 13,8 Millionen teure Hotelbau bis Januar 2010 fertiggestellt sein. (Siehe auch Vorstadtbrille auf Seite 2)