Gefahr durch die USA
„Es gilt nicht zu schweigen“: Wie steht es um den CSD-Nürnberg?
12.06.2025, 05:00 Uhr
In den kommenden Wochen und Monaten finden bundesweit unzählige CSD-Paraden statt. Dabei versammeln sich Personen der LGBTQIA+-Community auf den Straßen, machen auf sich aufmerksam und erheben ihre Stimme. Teilweise müssen die Beteiligten in diesem Jahr aber mit spürbar weniger Sponsoren arbeiten. Eine Situation, die Sorge bereitet.
Wie der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet, stehen auch in Bayern CSD-Paraden auf der Kippe. Der Grund: Internationale Unternehmen ziehen sich zunehmend aus dem Sponsoring zurück. Verantwortlich dafür soll maßgeblich US-Präsident Donald Trump sein. Nachdem er das Ende für DEI-Programme angekündigt hatte, sind mittlerweile wohl auch die Folgen in Deutschland zu spüren, schreibt der BR. Mit DEI ist übersetzt die Förderung von Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion gemeint.
Wie Deutschlandfunk im Februar berichtete, sorgt Trumpts „Anti-Woke“-Kurs für Unruhe - insbesondere in deutschen Unternehmen, welche eine stärkere Präsenz in den USA habe. Zu diesem Zeitpunkt prüften die Unternehmen, ob mögliche rechtliche Konsequenzen und Auswirkungen auf ihr Geschäft folgen könnten. Mitte Mai fügte sich dann Softwarehersteller SAP Trumps Feldzug.
SAP gab jüngst seine angestrebte Frauenquote von 40 % auf. SAP-Personalchefin Gina Vargiu-Breuer sagte dazu: „Chancengleichheit und eine inklusive Kultur waren, sind und bleiben zentrale Ziele der SAP“. Man habe Aktivitäten in dem Bereich an aktuelle rechtliche Entwicklung in den USA angepasst, berichtet die Deutsche Presseagentur. „Wir tun dies, um Gesetzeskonformität zu gewährleisten und unser Geschäft und unsere Mitarbeitenden zu schützen.“
Conrad Breyer, Pressereferent des CSD München, bestätigt gegenüber dem BR, dass es erste Anzeichen der Verunsicherung gibt. Demnach sollen erste Sponsoren des CSD Münchens sich zurückziehen. „Diese Verunsicherung hört man aus den Diversity-Abteilungen verschiedenster Unternehmen“. Zwar kann die Organisation in einigen Bereichen sparen, doch da die Kosten – insbesondere für Sicherheit – gestiegen sind, rechnet man in diesem Jahr in München mit einem Defizit im sechsstelligen Bereich.
Damit die Veranstaltung dennoch stattfinden kann, hilft in diesem Jahr die Stadt München aus. Der sechsteilige Betrag werde aus einem bestehenden Fonds gezahlt, der für solche Anlässe eingeplant sei.
CSD Nürnberg: Unternehmen sind nicht nur Sponsoren, sondern Sprachrohr
Anders als in München muss der CSD Nürnberg in diesem Jahr mit keinem so großen Defizit rechnen, erklärt die Abteilung Sponsoring des CSD Nürnberg gegenüber der Redaktion. Die international tätigen Sponsorinnen und Sponsoren machen hier einen Anteil von etwa 20 % aus. Angesichts der politischen Lage und möglicher Rückzieher bleibt man jedoch zuversichtlich: „Erfahrungen aus und mit der Pandemie haben uns gezeigt, wie unser CSD NÜRNBERG PRIDE alternativ und adaptiert stattfinden und umgesetzt werden kann“, betonen die Verantwortlichen.
Dass Unternehmen an der Seite des CSD Nürnberg stehen, ist nicht nur aus finanzieller Perspektive wichtig. Durch ihre Unterstützung werden sie zu Botschafterinnen und Botschafter, Allies und Verbündeten. “Dieser ideelle Wert ist fernab von einer rein finanziellen Betrachtung und absolut bedeutsam für uns“.
Den CSD-Verantwortlichen bereiten die zunehmenden Zahlen queerfeindlicher Straftaten große Sorge. Auf die Frage, warum es den CSD gerade deshalb braucht, heißt es: „(...)gerade heute, wenn Diskriminierung, Ausgrenzung oder gar Hass wieder Raum gewinnen, gilt es weiterhin laut, sichtbar und solidarisch für die Rechte von LGBTQIA*-Menschen einzutreten – hier in Nürnberg, in Deutschland und weltweit.“
„Weltweit ziehen sich große Unternehmen aus ihren Diversity-Programmen zurück – mit gravierenden Folgen für die Finanzierung vieler CSDs in Deutschland.“ Angesichts weltpolitischer Entwicklungen, insbesondere in den USA, wird in rasantem Tempo deutlich, was auf dem Spiel steht, betont der CSD Nürnberg.
In Nürnberg finden vom 24. Juli bis zum 10. August die Prideweeks statt. Ihren Höhepunkt erreichen die zweieinhalbwöchigen Aktionswochen mit der CSD-Demo am 9. August. Auch in diesem Jahr steht die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Marcus König. In einem Grußwort erklärt der Nürnberger Oberbürgermeister, dass die Sichtbarkeit der queeren Community auf unseren Straßen „ein bedeutendes Zeichen für Vielfalt, Toleranz und Zusammenhalt“ ist.