Nähe zu Rechtsextremen

„Team Menschenrechte“ in Nürnberg wird jetzt vom Verfassungsschutz beobachtet

Alicia Kohl

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Elia Hupfer

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22.05.2025, 17:59 Uhr
Das „Team Menschenrechte“ am 26. April kurz vor Beginn des Demonstrationszugs auf dem Jakobsplatz in Nürnberg.

© Elia Hupfer Das „Team Menschenrechte“ am 26. April kurz vor Beginn des Demonstrationszugs auf dem Jakobsplatz in Nürnberg.

Die Gruppierung „Team Menschenrechte“ ist dem Bayerischen Verfassungsschutz bereits vor Jahren im Zusammenhang mit Corona-Protesten aufgefallen – damals noch unter Namen wie „Querdenken911 Nürnberg“ und „Corona-Rebellen“. Inzwischen hat sich die frühere Protestbewegung gegen die Corona-Politik auch zu einem Treffen für Neonazis entwickelt. Im März dieses Jahres bestätigte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, dass an den Protesten von „Team Menschenrechte“ regelmäßig Extremisten teilnehmen, die von der Behörde beobachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt lagen der Behörde noch keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor, um die ganze Bewegung zum Beobachtungsobjekt zu machen. Das hat sich nun geändert.

Das „Team Menschenrechte“ ist jetzt Beobachtungsobjekt des bayerischen Verfassungsschutzes. In der Gesamtschau lägen „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Gruppierung aufgrund ihrer politischen Zielsetzung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet“. Das teilte das Landesamt auf Anfrage unseres Medienhauses mit. Über die Entscheidung hatte zunächst NN.de berichtet.

An den wöchentlichen Veranstaltungen der Gruppierung beteiligen sich laut Verfassungsschutz regelmäßig auch Personen, die Organisationen angehören, die bereits vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden. So nehmen etwa führende Mitglieder der rechtsextremistischen Partei „Die Heimat“ an den Demonstrationen teil – teils in Parteikleidung. Eine Distanzierung von diesen Rechtsextremisten durch das „Team Menschenrechte“ habe bislang nicht stattgefunden, so der Verfassungsschutz. Außerdem sei abgesehen von der Distanzierung von dem Ordner Marcus L. und seinem Umfeld nicht erkennbar, dass das „Team Menschenrechte“ sich effektiv von rechtsextremistischer Ideologie und rechtsextremen Organisationen wie der Partei „Die Heimat“ abgrenze.

Marcus L. war in den vergangenen Monaten wiederholt als Ordner bei den Demonstrationen der Gruppe im Einsatz. In der vergangenen Woche sorgte er für einen Eklat, in dem er in einem Interview in einem Youtube-Video Hitler relativierte. Der Staatsschutz ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Marcus L. hatte nach der Trennung für den vergangenen Montag eine eigene Demonstration angemeldet. Die Stadt untersagte ihm jedoch, dabei als Versammlungsleiter aufzutreten. An der Versammlung nahmen 16 Personen teil. Der Verfassungsschutz betonte am Donnerstag, dass auch Personen aus der Abspaltung um Marcus L. der Beobachtung unterliegen.

Zur Gestik einiger Teilnehmenden gehörte am Montag auch das Zeigen des White-Power-Handzeichens. Ein Symbol, das von verschiedenen rechtsextremen Gruppen verwendet wird, um die Überlegenheit von weißen Menschen zu propagieren. Zwei Teilnehmende zeigen ein Handzeichen, das auf die Zahl „88“ anspielt. Der Zahlencode steht in rechtsextremen Kreisen für „Heil Hitler“.

Zur Gestik einiger Teilnehmenden gehörte am Montag auch das Zeigen des White-Power-Handzeichens. Ein Symbol, das von verschiedenen rechtsextremen Gruppen verwendet wird, um die Überlegenheit von weißen Menschen zu propagieren. Zwei Teilnehmende zeigen ein Handzeichen, das auf die Zahl „88“ anspielt. Der Zahlencode steht in rechtsextremen Kreisen für „Heil Hitler“. © NEWS5 / Eric Deyerler

An den Veranstaltungen des „Team Menschenrechte Nürnberg“ nehmen laut Verfassungsschutz regelmäßig auch Personen teil, die dem Spektrum der Reichsbürger, Selbstverwalter oder anderen Gruppierungen zuzuordnen sind, die diesen Staat ablehnen.

Auch die internen Chatgruppen der Gruppierung spielten bei der Einschätzung eine wichtige Rolle. Dort werde – ebenso wie auf den Demonstrationen – die unter Rechtsextremen verbreitete Forderung nach „Remigration“ propagiert. Dabei wird unter anderem auf das sogenannte „Remigrationskonzept“ des rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner Bezug genommen – ein Konzept, das sich laut Verfassungsschutz „gegen die Menschenwürde von Personen mit Migrationshintergrund richtet“. Besonders auffällig seien in diesem Zusammenhang der Telegram-Kanal „Team Menschenrechte Nürnberg“ sowie die Chatgruppe „Team Menschenrechte im Gespräch“.

Werden jetzt alle Demonstrierenden vom „Team Menschenrechte“ überwacht?

„Die Zurechnung von Aktivisten zu dem Personenzusammenschluss erfolgt grundsätzlich im Rahmen einer Einzelfallprüfung“, erklärt die Behörde. Bloße Abonnentinnen und Abonnenten des Telegram-Kanals „Team Menschenrechte Nürnberg“ werden dem Personenzusammenschluss grundsätzlich nicht zugerechnet, ebenso wenig Personen, die lediglich als Veranstaltungsteilnehmende festgestellt werden. „Die Protestszene steht in ihrer Gesamtheit grundsätzlich nicht unter Beobachtung“, teilt das Landesamt mit.

Wie geht es mit den Montagsdemos weiter?

Auf Nachfrage unserer Redaktion begrüßte Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) auch im Namen der Stadt, „dass nun bestimmte Personen des ‚Team Menschenrechte‘ und deren Umfeld unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen“. Ob diese Entwicklung auch rechtliche Konsequenzen für die zukünftigen Versammlungen haben wird, lasse sich noch nicht abschließend sagen. „Was juristisch haltbar ist, tun wir“, versprach König. Zugleich appellierte der OB an die Sicherheitsbehörden: „Ich kann den Verfassungsschutz nur bitten, die Gruppierungen insgesamt intensiv in den Blick zu nehmen.“

Die Stadt werde nun sorgfältig prüfen, ob sich aus der neuen Bewertung durch den Verfassungsschutz Auswirkungen auf das Versammlungsgeschehen ergeben. Wie lange die rechtliche Prüfung dauern wird, ließ König offen. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sich die neuen Entwicklungen bereits auf die Demonstration am kommenden Montag auswirken werden.