Gemeinsam Hämmern am Wikingerdorf
30.07.2008, 00:00 Uhr
«A sua Scheiß!», schimpft Simone und wirft den verbogenen Nagel auf den Boden. Aus der Hosentasche kramt sie einen neuen hervor, setzt ihn gerade an, holt mit dem Hammer aus - und jetzt sitzt der Schlag. «Geht doch», sagt die 17-Jährige breit grinsend, wischt sich die schweißnassen Hände an der zerschlissenen Hose und schlägt den Nagel vollständig hinein.
Eigentlich könnte Simone jetzt zu Hause vor dem Fernseher lümmeln. Statt dessen hat sie zusammen mit 29 weiteren jugendlichen Helfern über 100 Bäume gefällt und entastet und schleppt nun im Akkord Baumstämme, Bretter und Schilfmatten durch die Gegend. Und das, damit ab dem 4. August dutzende Kinder eine zweiwöchige Reise in die Zeit der Wikinger machen können.
Die Kleinen werden gemeinsam mit den Jugendlichen, die sich allesamt ehrenamtlich engagieren, basteln, spielen, Ausflüge unternehmen Und nicht zuletzt die vier 6,50 Meter hohen Wikingerhütten, deren Rohbau die Teenager derzeit abschließen, fertigstellen. «Die Kleinen können die Häuser, in denen sie dann zwei Wochen wohnen werden, bemalen und wohnlich herrichten», sagt Siegfried Müller, Leiter des Jugendbüros. Er sei mächtig stolz auf seine Jugendlichen, die seit sieben Wochen all ihre Zeit und Energie in das Projekt stecken.
Besonders wichtig sei ihm, dass Jugendliche mit unterschiedlichem Hintergrund an dem Projekt beteiligt sind. «Es ist egal, ob jemand arbeitslos, Hauptschüler oder Gymnasiast ist. Um das Miteinander geht es.»
Die jungen Helfer sehen das genauso. Man sei schon fast eine kleine Familie, sagt Simone und knufft Freundin Miriam (19), die sie erst hier kennengelernt hat. Auch Miriam ist begeistert von dem Projekt. Besonders die Geschichte der Wikinger hat es der FOS-Absolventin angetan. «Es ist so toll, wie sich dieser Stamm zu einem solch berühmten Seefahrervolk entwickelt hat.» Diesem Lebensgefühl jetzt ein wenig näher kommen zu dürfen, sei klasse.
Maschinenbaustudent Achim, der als bekennender Wiederholungstäter bereits zum fünften Mal bei den Ferienspielen dabei ist, reizt in diesem Jahr vor allem der Baustil der Hütten. Gemeinsam mit seinem Kommilitonen Philipp Kölbl hat er die Entwürfe erstellt und mit Statikern vom Hochbauamt besprochen. «Ich hatte schon immer ein Faible für diese Kultur und ihre Mythen. Und jetzt lassen wir sie für die Kids auferstehen», sagt Achim.
Jugendreferentin Elfriede Müller lässt sich den vier mal sechs Meter großen Innenraum einer Hütte zeigen und staunt: «Bei so viel Engagement geht einem wirklich das Herz auf.» Sie ist froh, dass den Jugendlichen die freiwillige Arbeit als pädagogisches Praktikum anerkannt wird. So etwas gehöre schließlich honoriert.
Alle freuen sich schon, wenn am 4. August die Kinder das Dorf besiedeln. Aber an das Ende am 16. August wollen sie noch gar nicht denken. «Da werde ich sicher Entzug bekommen», sagt Simone und setzt den nächsten Nagel an.