Clip sorgt für Aufschrei
„An Abartigkeit nicht zu überbieten“: Shitstorm für bayerisches Traditionsunternehmen nach Werbespot
22.05.2025, 08:27 Uhr
Es ist ein Clip von nur wenigen Sekunden, der nun für einen deutschlandweiten Aufschrei sorgt. Gedreht wurde er ursprünglich von der Erdinger Brauerei. Der Traditionsbetrieb aus Bayern, der 500 Angestellte zählt und jährlich rund 1,5 Millionen Hektoliter Bier verkauft, wollte mit dem Clip neue Leute in den eigenen Betrieb locken.
Die Art und Weise hat nun jedoch für einen Shitstorm gesorgt. Der Grund: So wird dem Unternehmen aktuell vorgeworfen, Gewalt gegen Frauen zu relativieren. So ist in der Aufnahme, die mittlerweile von den Verantwortlichen gelöscht wurde, eine junge Frau zu sehen, wie sie in eine Kamera Sätze spricht, die sie von einem Zettel abliest. Dabei spielt die Frau bewusst so, als würde sie gerade durchaus Angst verspüren. „Ich liebe es, bei Erdinger im Vertrieb zu arbeiten“, sagt sie dann in die Kamera. Es sei ein sicherer und abwechslungsreicher Job, das Gehalt sei super und man bekomme „sogar einen Firmenwagen.“
Während sie spricht, werden der Frau jedoch verschiedene Gegenstände wie ein Holzhammer oder eine Bierflasche bedrohlich als eine Art Waffe an den Kopf gehalten. An die Kehle bekommt sie einen Flaschenöffner, an die Schläfe einen Zapfhahn gehalten.
Als sie dann erklärt, „Außerdem hat Erdinger gutes Bier…“, werden der Frau mit den Gegenständen offenbar Schläge angedroht. Ängstlich zuckt sie zusammen und korrigiert sich schnell: „Ich mein… das beste Bier!“. Mit dem Satz „also komm, bewirb dich jetzt. Wir freuen uns auf dich“, endet der kurze „Werbespot“.
bild.de berichtet ebenfalls über den Vorfall, den nun auch Frauenrechtlerinnen im Netz aufgegriffen haben. Safe Space Chemnitz, ein Portal, das sich gegen Gewalt an Frauen einsetzt, erklärt dazu: „Es ist an Abartigkeit nicht zu überbieten! Man nutzt das Leid einer ganzen Bevölkerungsgruppe aus. Die Verherrlichung von Gewalt und Femiziden wird jetzt auf eine humoristische Bühne gehoben?“
Die Zahlen dazu sprechen eine erschütternde Sprache: Alleine in Deutschland wurden im Jahr 2023 mehr als 260.000 Frauen Opfer von Gewalt.
Auch zahlreiche Userinnen und User schäumen im Netz vor Wut. „Was ist denn der Witz? Wenn die Frau nicht vorliest, was sie soll, wird sie geschlagen oder getötet?“, fragt ein User. „Wie viel Promille waren eigentlich im Spiel, als ihr den Spot geschrieben habt?“, kann sich ein weiterer Nutzer nicht verkneifen.
Immerhin: Die Forderung, den Spot aus dem Netz zu nehmen, erfüllte das Unternehmen schnell. Mittlerweile ist der Clip dort nicht mehr zu sehen. Von bild.de darauf angesprochen, erklärt ein Sprecher nun: „Wir wollten niemanden verletzen“. Das Video sei „humoristisch und satirisch“ gemeint gewesen. Laut eigenen Angaben der Brauerei habe es „viele positive, aber auch negative“ Reaktionen gegeben. Deswegen habe man sich am Ende auch dazu entschieden, das Video nicht weiter zu verbreiten.
Gewalt an Frauen geschieht meist im Verborgenen und hat viele Gesichter. Psychische, physische oder sexuelle Gewalt kann jede Frau betreffen. Stalking, Schläge oder Missbrauch sind oft nur ein Teil davon. Wenn auch Sie das Gefühl haben betroffen zu sein, können Sie die kostenlose Nummer des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ wählen. Unter der 08000/116016 haben Sie die Möglichkeit, rund um die Uhr anonym und vertraulich Kontakt zu Beraterinnen aufzunehmen. Die Beratung kann auch über einen Online-Chat oder per E-Mail erfolgen. Das Frauenhaus in Nürnberg erreichen Sie ebenfalls 24 Stunden am Tag unter der 0911/333915, das Frauenhaus in Fürth rund um die Uhr unter 0911/729008. Von Gewalt betroffene Männer können sich beim „Hilfetelefon Gewalt an Männern“ unter der 0800/1239900 ebenfalls Unterstützung suchen.