Bundesverfassungsgericht: Ausgangsbeschränkung verhältnismäßig

8.4.2020, 18:51 Uhr
Die Gefahr für Leib und Leben wiegt mehr als die Einschränkungen des Grundrechts, so das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

© picture alliance / Uli Deck/dpa Die Gefahr für Leib und Leben wiegt mehr als die Einschränkungen des Grundrechts, so das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Die Maßnahmen schränken die Grundrechte zwar erheblich ein, hieß es zur Begründung. Doch die Gefahren für Leib und Leben fallen schwerer ins Gewicht als die Einschnitte der persönlichen Freiheit. Um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu verstehen, hilft es, sich die Waage der Justitia vorzustellen: Der Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit wiegt schwer - diesem Gewicht hält das Begehren des Klägers auf der anderen Seite, in der anderen Waagschale, nicht stand.

Der Mann argumentiert, dass es zu weit gehe, dass er seine Freunde nicht treffen und seine Eltern nicht besuchen darf. Er darf weder demonstrieren, noch könne er neue Bekanntschaften schließen oder mit Bekannten musizieren. All dies wertet auch das Gericht als massive Eingriffe in unsere Grundrechte.


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Angenommen, all diese Maßnahmen erweisen sich im Nachhinein als verfassungswidrig, erleide die Bevölkerung tatsächlich Nachteile von besonderem Gewicht - und doch überwiegen sie nicht die Nachteile, die entstehen würden, wenn die Maßnahmen außer Kraft träten, sich aber später doch als verfassungsgemäß erweisen würden.

Im Klartext: Die Gefahren für Leib und Leben wiegen hier schwerer als die Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Die vom Kläger angegriffenen Maßnahmen beschneiden die Grundrechte der Menschen, die sich in Bayern aufhalten, erheblich. Der unmittelbare körperliche Kontakt mit anderen Menschen wird eingeschränkt, ebenso wie Treffen mit anderen Menschen. Die eigene Wohnung darf ohne triftigen Grund nicht verlassen werden.


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Das Verfassungsgericht beantwortet den Eilantrag mit zwei Denkvarianten: Angenommen, später hätte die Verfassungsbeschwerde Erfolg, wären all diese Einschränkungen mit ihren erheblichen und voraussichtlich teilweise auch unumkehrbaren sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Folgen zu Unrecht verfügt. Jeder Verstoß gegen sie wäre auch zu Unrecht geahndet.

Eine geltende Regelung kann im Eilrechtsschutz nur ausnahmsweise außer Vollzug gesetzt werden - der Maßstab ist streng. Denn würden alle Geschäfte und Gaststätten wieder öffnen, Menschen ihre Wohnungen wieder häufiger verlassen und Kontakt zu anderen Menschen pflegen, erhöht sich auch die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen - gemessen an den derzeitigen Erkenntnissen.

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