Forscher: Darum gibt es im Norden weniger Corona-Fälle

28.11.2020, 16:11 Uhr

Die Zahl der Neuinfektionen übersteigt in vielen Städten und Kreisen Deutschlands auch Wochen nach dem Übergang in den zweiten Lockdown die kritische 50-er Inzidenz um ein Vielfaches. Beim Blick auf die Corona-Landkarte fällt aber auf: Der Norden trotzt der Corona-Pandemie scheinbar besser als der Rest der Bundesrepublik. So ist vor allem der Süden, sowie Südosten aber auch der Westen rot bis dunkelrot hinterlegt. Hier wurde in den Städten oder Kreisen die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten, vielerorts liegt sie sogar weit über 100, sie gelten damit als Hotspot. Wirft man einen Blick in den Norden, wird es dagegen heller.


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Zwar übertrifft auch die beispielsweise die Großstadt Hamburg sowie das Umland weit den kritischen 50er-Wert, in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie im Norden Niedersachsens fallen die Zahlen aber vergleichsweise gering aus.

Laut Einschätzung des Gesundheitsökonomen Jonas Schreyögg sei das vor allem auf die Mentalität der Regionen zurückzuführen, wie er jetzt gegenüber dem Hamburger Abendblatt berichtete. "Vielleicht ist es auch die protestantische Prägung des Nordens, die dazu führt, dass die Menschen mehr regelkonform sind", sagte der Direktor des HCHE dem Blatt. Es sei aber auch eine "Frage der Disziplin".


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Schreyögg, der gebürtig aus Bayern kommt, forscht seit dem Frühjahr in sieben Ländern Europas zu deren Umgang mit der Pandemie.

"In südlichen Ländern wie Frankreich und Spanien kommen sich die Menschen recht nahe, obwohl sie wissen, dass dies ein Ansteckungsrisiko birgt", erklärt Schreyögg.

Hintergründe zu den Zahlen, die das Robert-Koch-Institut veröffentlicht, finden Sie hier.

"Frage der Kultur"

Ein ähnliches Gefälle beobachtet der Wissenschaftler auch innerhalb Deutschlands: Er spricht gar von einer "Frage der Kultur." In Bayern ließe man sich trotz der Gefahr manche Möglichkeit des Kontakts einfach nicht nehmen.

Auch Bevölkerungsdichte spiele Schreyögg zufolge eine wichtige Rolle. "Dort, wo wenig Menschen auf engem Raum zusammenleben, gibt es tendenziell auch weniger Kontakte, also entsprechend weniger Gelegenheiten, sich anzustecken", erklärte er im Interview mit dem Abendblatt.

Auch beim Thema Impfen zeigen sich die Norddeutschen einer HCHE-Studie offener gegenüber dem Rest Deutschlands: Besonders gering ist die Impfbereitschaft in Deutschland den Angaben zufolge mit 52 Prozent in Bayern, in Norddeutschland sei sie hingegen mit 67 Prozent deutlich höher.

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