Ostbayern

"Fuel Dump": Warum lässt Flugzeug 55 Tonnen Kerosin über dem Bayerischen Wald ab?

Johannes Lenz

Nordbayern-Redaktion

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23.9.2023, 18:45 Uhr
Die Besatzung der Lufthansa-Maschine greift zu einer seltsam anmutenden Praxis und wirft viele Tonnen Treibstoff ab (Symbolbild).

© IMAGO/Bayne Stanley Die Besatzung der Lufthansa-Maschine greift zu einer seltsam anmutenden Praxis und wirft viele Tonnen Treibstoff ab (Symbolbild).

Es ist eine Nachricht, die auf den ersten Blick viel Aufregungspotential birgt: Ein Flugzeug lässt eine gigantische Menge Treibstoff ab - über dem Bayerischen Wald, einem der größten Naturschutzgebiete der Bundesrepublik. Aber keine Sorge: Zu Umweltschäden kam es durch den Kerosin-Ablass nicht.

Bei der als "Fuel Dump" bekannten Praxis wird das Kerosin in mindestens 1.800 Metern Höhe abgeworfen. Das Kerosin wird dabei großflächig verteilt und verdunstet fast vollständig, bevor es den Boden erreicht. Verseuchte Böden hat der Vorgang also nicht zur Folge. Dennoch bleibt die Frage: Warum lassen Flugzeuge immer wieder im großen Stil Treibstoff ab?

"Fuel Dump" ermöglicht sichere Landung

Im Falle der Maschine, die über dem Bayerischen Wald unterwegs war, handelte es sich um eine Sicherheitsmaßnahme: Der Lufthansa-Flug war nach Information der "Mittelbayerischen Zeitung" unterwegs von Frankfurt am Main nach Tokio, die Flugroute verlief über Aserbaidschan.

Wie eine Sprecherin der Lufthansa mitteilte, wurde erst nach dem Start der Maschine am Dienstag bekannt, dass der bewaffnete Konflikt in der aserbaidschanischen Region Bergkarabach wieder aufgeflammt war. Um die Sicherheit der Fluggäste zu garantieren, beschloss die Airline, das Flugzeug umkehren und wieder in Frankfurt landen zu lassen.

Und hier liegt der Grund für den Treibstoff-Ablass: Um sicher landen zu können, dürfen Flugzeuge ein gewisses Gewicht nicht überschreiten. Da die Lufthansa-Maschine über dem Bayerischen Wald erst einen Bruchteil des getankten Treibstoffes verbraucht hatte, der bis Tokio hätte reichen sollen, war das Flugzeug noch viel zu schwer für die Landung.

Die Lösung: Der überschüssige "Ballast" des nicht verbrauchten Kerosins musste abgeworfen werden. Zu "Fuel Dumps" kommt es folglich meist dann, wenn das Flugzeug unvorhergesehenerweise zur Zwischen-, Not- oder Ausweichlandung ansetzen muss und vorher Gewicht verlieren

Zivile Flüge nicht sicher vor Kriegshandlungen

Immer wieder wurden zivile Passagierflugzeuge Opfer von Abschüssen über Kriegs- und Konfliktgebieten. Im Jahr 2014 sorgte der Absturz einer Malaysia-Airlines-Maschine für Schlagzeilen: über der damals schon umkämpften Donbass-Region im Osten der Ukraine wurde das Flugzeug von einer Flugabwehrrakete getroffen. Knapp 300 Menschen kamen dabei ums Leben, überlebt hat den Abschuss niemand.

Im September 1993 machten Separatisten aus der georgischen Region Abchasien regelrecht Jagd auf Passagierflüge: Innerhalb von drei Tagen schossen die Kämpfer zwei Passagierflugzeuge über dem Gebiet ab und beschossen eine Maschine noch vor dem Abflug. Den Angriffen fielen 136 Menschen zum Opfer.