Gefahr durch Klimawandel

Hitzekollaps: Diese Teile der Erde könnten in Zukunft unbewohnbar sein

Saskia Muhs

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25.5.2023, 05:55 Uhr
Die steigende Erderwärmung hat nicht nur Folgen für die Landwirtschaft (Symbolbild). 

© Emilio Morenatti/AP Die steigende Erderwärmung hat nicht nur Folgen für die Landwirtschaft (Symbolbild). 

Der Sommer 2022 war der viertwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Laut Robert-Koch-Institut gab es allein in Deutschland im letzten Sommer 4500 hitzebedingte Todesfälle.

Oftmals werden die Kosten des Klimawandels mit ungreifbar hohen Geldsummen beziffert oder auf die reine Sterblichkeitsrate bezogen, doch auch die konkreten Folgen für das globale Zusammenleben könnten drastisch sein, sollte die Erderwärmung nicht gebremst werden. Zu diesem Fazit kommt ein Forscherteam bestehend aus Wissenschaftlern der Universität im britischen Exeter und der Universität im chinesischen Nanjing. Laut ihrer gemeinsamen Studie, die jetzt im Fachmagazin "nature sustainability" erschienen ist, könnten rund zwei Milliarden Menschen bis zum Ende des Jahrhunderts den Folgen extremer Hitze ausgesetzt sein.

Diese wirke sich nicht nur negativ auf den menschlichen Körper aus, sie gefährde auch Landwirtschaft, Umwelt und Wohlstand und mache gewisse Regionen auf Dauer für den überwiegenden Teil der Bevölkerung (dem ohne genügend Geld z.B. für Klimaanlagen und Lebensmittelimporte) nahezu unbewohnbar.

Hohe Temperaturen gehen mit Problemen wie erhöhter Sterblichkeit, verringerter Arbeitsproduktivität, verminderter kognitiver Leistung, Lernschwierigkeiten, schlechteren Schwangerschaftsergebnissen, geringeren Ernteerträgen, mehr Konflikten sowie der Ausbreitung von Infektionskrankheiten einher" erklärt Professor Chi Xu von der Universität Nanjing, zitiert der "Spiegel".

Um diese maximale Temperaturgrenze zu definieren teilten die Forschenden zunächst alle Lebewesen einer ökologischen Nische mit einer bestimmter Temperatur zu. Schon in einer früheren Veröffentlichung ermittelten die Wissenschaftler aus Exeter in der Fachzeitschrift "PNAS" das Gebiet, in dem Menschen seit Jahrtausenden durchgehend siedeln. In dieser Zone spielte sich im Laufe der Evolution der größte Teil der Landwirtschaft und auch des Handels ab - mit anderen Worten: Hier war das Leben für den Menschen am ertragreichsten. Anhand dieser Zone ließ sich eine Durchschnittstemperatur für die "menschliche Klima-Nische" errechnen.

Historisch betrachtet siedelten die meisten Menschen an Orten mit jährlichen Durchschnittstemperaturen zwischen 13 und 27 Grad Celsius, der wohlhabende Teil der Menschen lebte aber tendenziell eher an Orten die näher an 13 Grad, waren heißt es in der Studie. Die Grenze für die humane Klima-Nische liege laut den Forschenden bei 29 Grad Celsius - entsprechende Schwankungen und Extremtemperaturen einberechnet.

Schon jetzt leben demnach etwa 60 Millionen Menschen über dem durch diese Zone definierten Temperaturbereich. Ausgehend von der momentan wahrscheinlichsten Entwicklung der Erderwärmung von 2,7 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter bis zum Jahr 2100, würden die Anzahl der Menschen, die außerhalb der Klima-Nische leben, bis dahin auf rund zwei Milliarden anwachsen. Gelänge es, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen (wie es das Pariser Klimaabkommen vorsieht), wäre es nur ein Fünftel davon, so die Forscher. Fällt die Erwärmung drastischer aus, angenommen zwischen 3,0 und 4,0 Grad, wäre die Hälfte der Erde wegen der extremen Hitze für den Menschen dauerhaft unbewohnbar.

Mit über 600 Millionen Menschen, wären die meisten in Indien von der Extremhitze betroffen, gefolgt von Nigeria und Indonesien. Die größte Fläche mit gefährlicher Hitze wäre in Brasilien zu finden. Stoppen lasse sich die Entwicklung nicht mehr – laut den Wissenschaftlern geht es nun nur noch um die Frage, wie viele Menschen betroffen sein werden. Doch auch Regionen der Erde, die laut den Kriterien der Forschenden weiterhin als bewohnbar gelten, werden von extremen Wettersituationen wie zum Beispiel langanhaltender Dürre oder enormen Unwettern nicht verschont bleiben. Einige Städte haben bereits jetzt Hitzeaktionspläne entwickelt, darunter auch Nürnberg.

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