Von der Kuh in den Kühlschrank

Ist Milch gut für die Gesundheit oder schadet sie uns?

Isabel Pogner

Online-Redaktion

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13.9.2023, 17:32 Uhr
Kühe produzieren Milch, um ihren Nachwuchs zu ernähren. Was passiert, wenn die Flüssigkeit ins Glas statt ins Kälbchen fließt?

© IMAGO/Fotostand / Gelhot Kühe produzieren Milch, um ihren Nachwuchs zu ernähren. Was passiert, wenn die Flüssigkeit ins Glas statt ins Kälbchen fließt?

Das Produkt Milch gilt als Grundnahrungsmittel. Darin stecken Eiweiß, Fett, Milchzucker, Mineralstoffe und Vitamine. Damit enthält das Produkt viele wichtige Nährstoffe. Der tägliche Konsum könne "wesentlich zur vollwertigen Ernährung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beitragen", schreibt das Landwirtschaftsministerium auf seiner Website. Aber stimmt das? Gut belegt ist, dass der Mensch auch mit einer Ernährung ohne Milchprodukte an alle wichtigen Nährstoffe kommen kann. Bezüglich der Wirkung von Milch auf den menschlichen Organismus ist die Studienlage aber uneinheitlich.

Ist Milch gut für die Knochen?

In der Milch stecken Kalzium und Vitamin D. Beides soll die Knochen festigen. Jedoch gibt es Studien, die darauf hinweisen, dass ein hoher Verzehr von Milchprodukten das Risiko für Knochenbrüche sogar steigert, berichtet das "Ärzteblatt". Eine mögliche Erklärung: Kinder, die viel Milch trinken, wachsen stärker. Und größere Personen brechen sich schneller etwas. Hinweise auf einen direkten Zusammenhang zwischen den Inhaltsstoffen in der Milch und der Knochengesundheit konnten einzelne Studien bislang aber nur im Ansatz liefern. Einheitliche Erkenntnisse gibt es also noch nicht.

Fördert Milch das Krebsrisiko?

Auch zu dieser Frage liefert die Forschung verschiedene Ergebnisse. Milch scheint gegen Darmkrebs zu helfen, erklärt das "Ärzteblatt". Wer 500 bis 800 Milliliter Milch am Tag trinkt, habe den größten Effekt. Das liege vermutlich am Kalzium. Nahrungsergänzungsmittel wirken übrigens genauso gut. Gleichzeitig scheint Milch das Risiko dafür, an Prostata- oder Endometriumkrebs zu erkranken, zu steigern. In diesen Fällen wirkt sich das Kalzium negativ aus - allerdings erst bei starkem Milchkonsum (ab etwa 1,25 Litern am Tag), berichtet der "WDR". Für andere Krebsarten steht das Erzeugnis lediglich als möglicher Einflussfaktor im Verdacht. Andere Angewohnheiten oder Umstände hätten einen weitaus größeren Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, berichtet der "WDR" - etwa das Alter, das Gewicht, der Alkohol- und Zigarettenkonsum und die Sportgewohnheiten.

Entzündungsreaktionen durch Milchprodukte?

Das Team des Heidelberger Virologen Harald zur Hausen schreibt in einem Fachbeitrag aus dem Jahr 2019: In Fleisch und Milchprodukten europäischer Rinder stecke ein Erreger, der zu ständigen Entzündungen im Körper führe. Das würde das Darm- und Brustkrebsrisiko steigern. Der Erreger ließe sich im Blut von europäischen Rindern und Menschen nachweisen. Die "Bovine Meat and Milk Factors" (BMMFs) sind einzelsträngige ringförmige DNA-Elemente, die sich in Bakterienzellen vermehren. Konsumenten würden sich bereits im Säuglingsalter damit infizieren, wenn das Immunsystem noch nicht leistungsfähig ist. Die BMMFs sorgen dann im Laufe des Lebens für ständige Entzündungsreaktionen in den Zellen. Das Erbgut mutiere öfter und bilde in der Folge öfter Krebszellen aus. Allerdings erklärt das "Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ)": Erwachsene müssen sich keine Gedanken über den Erreger machen, "da wir vermutlich bereits alle damit infiziert wurden." Jedoch rät das "DKFZ" dazu, "Säuglinge keinesfalls früh mit Kuhmilchprodukten zu füttern", am besten nicht vor dem zwölften Lebensmonat.

Warum weiß man das alles nicht genau?

In einigen Studien hat Milch einen positiven Effekt, in anderen einen negativen. In manchen zeigt Milch gar keine Wirkung auf die Gesundheit. Laut "WDR" liegt das auch daran, dass es sehr schwer ist, valide Ernährungsstudien durchzuführen. Schließlich kann es sein, dass Menschen, die viel Milch trinken, auch weniger Sport treiben, als andere. Das ging aus einer schwedischen Untersuchung hervor. Andersrum leben Vegetarier oder Veganer, also Menschen, die keine Milchprodukte zu sich nehmen, oft generell gesünder. "Cofounding factors" heißen diese irreführenden Faktoren, die die Ernährungsforschung so schwierig machen.

Unterm Strich lässt sich sagen: Die Menge macht's. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt täglich maximal 250 Gramm Milch und zwei Scheiben Käse. Allerdings gibt es neben der Gesundheit noch andere Faktoren, die beim Thema Milchkonsum zu bedenken sind. Zum Beispiel sind manche pflanzlichen Milchalternativen bei ähnlichen Nährstoffwerten besser für Umwelt und Klima. Laut Bericht der "Albert Schweitzer Stiftung" schneiden Soja- und Haferdrinks bei der Produktion deutlich besser ab, als Kuhmilch. Für die pflanzlichen Alternativen benötigen die Hersteller weniger Anbaufläche, weniger Wasser, die Gewässer werden weniger belastet und die pflanzlichen Alternativen setzen in der Produktion weniger CO₂ frei.

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